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Asteroid 2008 TC3
Orbittyp: Erdnaher Asteroid, Apollo-Typ
Grosse Halbachse: 1,3082 AE (Exzentrizität: 0,3121)
Perihel – Aphel: 0,89996 AE – 1,7164 AE
Neigung der Bahnebene: 2,5422°
Siderische Umlaufzeit: 547 Tage
Physikalische Eigenschaften: Mittlerer Durchmesser: 3 – 4 m
Rotationsperiode: 99,173 s und 96,988 s
Absolute Helligkeit: 30,673 mag
Geschichte:
Entdecker: R. A. Kowalski (Catalina Sky Survey)
Datum der Entdeckung: 6. Oktober 2008
Andere Bezeichnung: 8TA9D69
(Bezeichnung für gefundene Meteoriten:
„Almahata Sitta“)
2008 TC3 war der erste Asteroid, für den eine Kollision mit der Erde (Eintritt in die Atmosphäre) korrekt vorausgesagt wurde. In weiterer Folge konnten auch Bruchstücke des Asteroiden in Form von Meteoriten im Absturzgebiet geborgen werden.
Entdeckung, Beobachtungen und Vorhersage
Der grosse Menhir in den jungsteinzeitlichen Steinreihen, den „Alignement de Ménec“ in Carnac (Bretagne) gibt einen guten Eindruck von der Grösse des Asteroiden 2008 TC3 bei seiner Entdeckung noch jenseits der Mondbahn am 6. Oktober 2008, nur gut 20 Stunden vor seinem Aufprall auf der Erde. Zu dem Zeitpunkt lag seine Magnitude 30,6 m, war also gut 100-mal lichtschwächer als eine Kerzenflamme auf dem Mond.
Nach der ersten Meldung und der Veröffentlichung der Daten nahmen viele Astronomen, Profis und Amateure, rund um die Welt die Annäherung des Himmelskörpers ins Visier. Astronomische Beobachtungen waren bis zum Eintritt in den Erdschatten, am 7. Oktober um 3.49 MESZ, möglich.
Das Catalina Sky Survey CSS ist Teil einer weltumspannenden Organisation, die den Himmel nach möglicherweise gefährlichen Asteroiden (PHAs = Potentially Hazardous Asteroids) absucht. Zwar kann jeweils nur ein kleiner Teil des Himmels erfasst werden (ca. 5%), aber die Instrumente und Methoden werden immer besser. Zudem sind grosse Kapazitäten für die Erfassung und Speicherung der Daten vorhanden. Koordiniert werden die Beobachtungen von der Universität Arizona. Auf dem Mount Lemon in Arizona liegt das Steward Observatory, das zu diesem Netzwerk gehört. Um 22.30 Uhr (20 Stunden vor dem Impakt!) am 6. Oktobers 2008 entdeckt Richard Kowalsky beim Screening der Himmelsgegend zwischen den Sternbildern Andromeda und Fische einen neuen Asteroiden. Er machte in der Himmelsgegend 4 Bilder im Abstand von 15 Minuten.

Bei der doch relativ hohen Zahl der Entdeckungen, die anfallen, war das vorerst nichts Besonderes. Kowalsky meldete seine Entdeckung mit den Koordinaten vorschriftsgemäss Tim Spahr im Minor Planet Center MPC (1947 an der University of Cincinnati gegründet und heute offizielle Datensammelstelle der International Astronomical Union IAU für Asteroiden und Kometen). Tim Spahr musste anfangs ein paar Tricks anwenden, bis er endlich die Bahn bestimmen konnte, dann aber war das Erstaunen gross: Der Asteroid stürzte auf die Erde zu, seine Bahn verlief in einer Entfernung von nur 0.00004 AE (ca. 6‘000 km, das entspricht in etwa dem Erdradius). Die Kollision mit der Erde war zu 100 % sicher. Spahr sandte die Daten sofort an der Spezialisten des NASA-JPL Steve Chelsey. Der konnte die Kollision nur bestätigen und berechnete, dass sich der Asteroid mit einer Geschwindigkeit von 45‘000 km/h (12,5 km/s) auf die Erde zu bewegte und in 12 Stunden einschlagen würde! Zu dem Zeitpunkt befand sich der Asteroid also noch knapp ausserhalb der Mondbahn.
Chelsey gab die Nachricht an Astronomen in aller Welt weiter. Die gingen daran, Bahndaten für den möglichen Einschlagsort zu gewinnen. Bald war klar, dass der Asteroid auf ein Gebiet in der nubischen Wüste im nördlichen Sudan zusteuern würde. Die Frage war jetzt noch, wie gross er war. Auswertungen der Lichtkurven zeigten, dass er nicht sehr gross sein konnte, dass er aber ziemlich schnell um sich selber rotierte. Auf Grund der Lichtdaten kam man auf eine mittlere Grösse von 2 bis 3 Metern. Es war schon früh klar, dass er eine längliche Form haben musste.
Die Masse von 2008 TC3 wurde auf 80 t geschätzt und die Bahndaten ergaben eine relativ geringe Eintrittsgeschwindigkeit von 12,7 km/s bei einem Eintrittswinkel von knapp 20°. Es war wahrscheinlich, dass der Asteroid vollständig in der Atmosphäre verglühen würde. Die Wahrscheinlichkeit, Überreste von ihm zu finden, war somit sehr klein. Klar war, dass er keinen grossen Schaden anrichten würde.
Trotzdem, auch im Norden des Sudan in der Wüste leben Menschen, aber es gab praktisch keine Möglichkeit sie zu warnen, denn in dieser abgelegenen Gegend gab es keine Handynetze und wohl auch keine Handys. Dr. Muawia Hamid Shaddat von der Universität Kartoum war der Erste im Sudan, der von der drohenden Gefahr erfuhr.
Gegen 22 Uhr UTC erhielten die Piloten Ron de Poorter und Coen Uden der Boing 747 des Flugs KLM592 von Johannisburg nach Amsterdam beim Briefing eine Warnung. 4.46 Uhr MEZ (2.46 Uhr UTC) trat der Asteroid in die Erdatmosphäre ein und explodierte noch in der relativ grossen Höhe von 37 km in mehreren Detonationen. Auch diverse Satelliten, unter ihnen Meteosat 8 nahmen den Lichtblitz wahr. Die Piloten des Flugs KLM592 konnten das Spektakel aus einer Distanz von 1‘400 km mitverfolgen. Sie sahen mehrere helle Lichtblitze, als er Meteor in 35 km Höhe zerplatzte.

Nachdem der Himmelskörper niedergegangen war, kontaktierte der Asteroidenexperte Peter Jenniskens (SETI Instituts & NASA Ames) Dr. Muawia Hamid Shaddat. Sie planten eine Expedition in das Fallgebiet um allfällige Bruchstücke dieses Asteroiden aufzuspüren. Es galt eine sechstägige Wüstenexpedition in das unwegsame Gebiet um Abu Hamed und Wadi Halfa zu organisieren. Gross war die Chance ja nicht, von dem kleinen Asteroiden noch etwas zu finden, andererseits handelte es sich um eine einmalige Chance frisches Material eines im Weltraum identifizierten Asteroiden zu finden, die man sich nicht entgehen lassen durfte. Sicherheitshalber bot Dr. Shaddat zusätzlich eine Busladung Studenten aus Kartoum für die Suche auf. Aber ein Sandsturm verzögert den Beginn der Suche.
Der erste Tag der Suche verlief ernüchternd. Die Studenten waren so eingeteilt, dass sie täglich eine Fläche von 10 km2 absuchen konnten, vorausgesetzt, das Wetter (der Wind) machte mit. Aber schon der zweite Tag brachte erste Erfolge. Und nun begannen sich die Funde zu häufen. Durch das Eintragen der Fundstücke in eine Karte wurde es möglich, die Streuellipse festzulegen und Prognosen über weitere mögliche Funde verschiedener Masse zu machen. Bald wurde klar, dass das Fallgebiet ca. einen Kilometer südlich der berechneten Niedergangszone lag und es drängte sich die Frage auf, warum das so war.
Zwar ist bekannt, dass Meteoriten durch Winde in Erdnähe von ihrer Bahn abweichen, ja sogar „rückläufig“ werden können, am Tag des Niedergangs hatte aber praktisch kein Wind geherrscht. Der Meteor musste sich also bei seinem Zerplatzen selber „aus der Bahn geworfen“ haben.
Schliesslich kamen bei dieser Expedition über 280 Fundstücke zwischen 1 und 100 g zusammen mit einer Gesamtmasse von rund 40 kg. Nachfolgende Suchexpeditionen brachten weitere Fragmente von nochmals über 10 kg zusammen. Das schwerste Stück wog 379 g. Was erstaunte, waren die völlig unterschiedlichen Lithographien. Neben festen Stücken gab es sehr poröse.
Sofort begannen in den Vereinigten Staaten am Carnegie Institute in Washington DC die wissenschaftlichen Untersuchungen: Dichtemessungen, Massen- und Reflexionsspektren, mikroskopische Untersuchungen… Die Dichtemessungen ergaben neben sehr kompakten Stücken mit hoher Dichte auch solche, deren Dichte Kreide (Ca[CO3]) glich. Bei der mikroskopischen Untersuchung wurde schnell klar, dass sich in einigen Proben (Mikro-) Diamanten befinden mussten, denn die Objektträger waren ganz zerkratzt. Als Dr. Andrew Steele den Kohlenstoffgehalt der Probe untersuchte, stellte er fest, dass der Meteorit in seiner Entstehungsphase Temperaturen von über 1‘000° C und hohen Drucken ausgesetzt gewesen sein musste. Alles das ist für einen Meteoriten eher aussergewöhnlich! Bei dem Zusammenstoss der Asteroiden, die 2008 TC3 erzeugt hatten, mussten ganz unterschiedliche Asteroidentypen beteiligt gewesen sein.
Die Daten der Reflexionsspektren von 2008 TC3 (hellgrün) wiesen auf eine Zugehörigkeit zu den seltenen F-Klasse-Asteroiden (dunkelgrüne Linie) hin, zu der bisher kein Meteoritentyp zugeordnet werden konnte. Diese Klasse zeichnet sich durch eine geringe Albedo, also eine relativ dunkle Oberfläche aus. 50 – 70 % der Fundstücke bestanden aus ureilitischem Material, im Rest waren praktisch alle grösseren Chondritengruppen vertreten. Ureilite sind sehr kohlenstoffreiche Achondrite, die vorwiegend aus den Mineralien Olivin ([Mg, Fe]2[SiO4]) und dem auf der Erde selten vorkommenden Pigeonit ([Mg,Fe,Ca]2[Si2O6]) bestehen.

Im Meteoriten Almahata Sitta entdeckten die Wissenschaftler u.a. Aminosäuren, die immer wieder als „Bausteine des Lebens“ bezeichnet werden (obwohl zum „Baustein des Lebens“ noch etwas mehr gehört, als nur Aminosäure zu sein!). Das erstaunte insofern, als man wusste, welchen Temperaturen der Asteroid bei seiner Entstehung ausgesetzt war (siehe oben). Bei solchen Temperaturen werden Aminosäuren i.d.R. komplett zerstört.
Nach Bestimmung der Bahndaten kam die nächste Überraschung. Mithilfe einer numerischen Simulation der Bahn von 2008 TC3, wurde ihre zeitliche Entwicklung durch das Sonnensystem extrapoliert. Man tut das, um die Herkunft des Asteroiden zu bestimmen. Dabei stiessen die Forscher auf einen anderen erdnahen F-Klasse-Asteroiden, 1998 KU2, als Begleiter oder gar möglicher Mutterkörper von 2008 TC3.
Das war insofern von Bedeutung, als 1998 KU2 mit einer Abmessung von 2,5 km ein wesentlich anderes Kaliber ist als 2008 TC3 und man durchaus damit rechnen darf, dass er dereinst in die „Fussstapfen“ von 2008 TC3 tritt, d.h. in ferner Zukunft mit der Erde kollidieren wird.
Diese aussergewöhnliche Geschichte dieses aussergewöhnlichen Meteoriten, der durchaus als „historisch“ bezeichnet werden darf, hat in mir den Wunsch gehegt, auch ein Stück zu besitzen. Da die Preise aber zwischen 400 – 800 $/g liegen (Bencubbinite liegen gar bei 1‘400 – 1‘600 $/g!), kamen für mich und mein Budget nur kleine Teilscheiben in Frage. Ich habe mich für drei Scheibchen unterschiedlicher Lithografien entschieden, einen grobkörnigen und einen feinen Ureiliten sowie einen Entstatit-Chondriten, beide im Aussenbereich mit Resten der Fusionskruste.
Meine Almahata Sitta (2008 TC3)
Grober Ureilit Teilscheibe 0,43 g
mit Fusionskruste 19 x 8 x 1 mm
Enstatit Chondrit Teilscheibe 0,18 g
Mit Fusionskruste 14 x 4 x 1 mm
Feinkörniger Urelilit Teilscheibe 0,38 g
(Nachkauf 2014) 10 x 5 x 2 mm
Kauf: Siegfried Haberer; IMCA 3774
http://www.haberer-meteorite.de/