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Die alte Kartause
Der Werdegang eines KartäusersDe
r Ruf zu Gott und in die Einsamkeit erreicht nur wenige Menschen. Einem notorischen Melancholiker, der meint, seine Frustration und seine Verbitterung über die böse Welt in einem Kloster kurieren zu können, ist vom Eintritt in den Orden abzuraten. Was er in der Welt nach aussen projeziert, fällt in der Einsamkeit der Klausur unweigerlich auf ihn selbst zurück. Wer sein inneres Gleichgewicht im Leben nicht findet, wird es auch im Kloster nicht finden. Die strengen Ordensregeln und das schlichte Klosterleben bedingen einen gefestigten Charakter. Wenn aber jemand den "Ruf Gottes in die Einsamkeit" spürt, kann er sich erst einmal einige Tage im Kloster über den Orden informieren. Er wird in der äusseren Klausur leben und eventuell das tägliche Chorgebet mitmachen. So kann er das Leben der Patres (24) und der Fratres (25) ein wenig kennenlernen. Bevor sich der Bewerber zum Postulat (26) anmelden kann, muss er sich für einen der beiden Wege - Pater oder Frater - entscheiden.
Der potentielle Patre muss sich erst einmal über ein erfogreich absolviertes Theologie-Studium ausweisen oder über eine Matura, die ihn zum Studium der Theologie zulässt. Sein Arbeitsfeld wird später die Klause sein, wo er alleine lebt, und die Kirche. Er wird die innere Klausur in der Regel nicht verlassen. Der Postulant lebt bereits das Leben, das er später einmal leben wird. So kann er selber prüfen, ob er der langen Einsamkeit gewachsen ist. Will er nach drei Monaten immer noch im Kloster bleiben, kann er zum Noviziat (27) zugelassen werden. Darüber wird im Kapitel (28) abgestimmt. Fällt die Abstimmung negativ aus, muss der Anwärter das Kloster verlassen. Mit der Aufnahme als Novize bekommt der Ordensbruder auch das Ordensgewand, das weisse Skapulier mit dem charakteristischen Gürtelband und einen schwarzen Chormantel. Der Pater Novizenmeister nimmt sich nun der Ausbildung der Neulinge an. Nach zwei Jahren ist der Novize zum einfachen Profess zugelassen. In einer geheimen Wahl stimmen die Brüder über die Zulassung ab. Wer das einfache Gelübde abgelegt hat, wird Mitglied der Gemeinschaft. Neben "Gehorsam, Armut und Keuschheit" gehört beim Kartäuser auch das "Schweigen" dazu.
Die einfache Profess bindet den Jungprofessen für drei Jahre an den Orden. Unter der Obhut des Paters Novizenmeister widmet er sich nun theologischen und philosophischen Studien, die sich in der Regel über neun Jahre (29) erstrecken.
Da die Kartause Ittingen eine "Cartusia minor", eine kleine Kartause war, unterhielt sie keine eigenen Schulen. Der Jungprofesse von Ittingen absolvierte seine Studien in der grossen Kartause Freiburg im Breisgau, die mit Ittingen in enger Verbindung stand.
Zwei Jahre nach den einfachen Gelübden muss sich der Jungprofesse entscheiden, ob er für immer beim Orden bleiben will und ob er die feierlichen ewigen Gelübde ablegen will, die ihn nun für sein ganzes Leben an den Orden binden. Insgesamt hat der angehende Ordensbruder also sieben Jahre Zeit für seine endgültige Entscheidung. In dieser Zeit hat er in der Regel schon viele Höhen und Tiefen des Mönchslebens mindestens einmal durchlebt. Nach der feierlichen ewigen Profess gehört der Mönch ganz Gott und dem Orden. Er wird nun Grossprofesse. Dazu liest er auf den Stufen des Altars seine Professformel. Dann legt er sich flach auf den Altar, mit dem Gesicht auf dem Boden und bringt sich so Gott symbolisch als Opfer dar. In der Kommunion (30) wird der Mönch schliesslich eins mit Christus. Das Ausbildungsziel hat der Mönch erreicht, wenn er nach Abschluss der Studien die Priesterweihe empfängt. Neben seinen klösterlichen Aufgaben wird sich der Mönch fortan hauptsächlich der Kontemplation (31), der Busse, dem Gebet, der Messe und dem Chorgesang widmen. Trotz des ewigen Gelübdes müssen immer wieder Mönche um eine Entlassung bitten. Auch zehn Jahre einigermassen problemloser Klausur sind keine Garantie, dass es die folgenden zehn Jahre so weitergeht. Solche Mönche übernehmen dann in der Regel ein weltliches Pastoralamt.
Der Laienbruder-Anwärter braucht keine weiteren Qualifikationen vorzuweisen. Es reicht seine erklärte Bereitschaft, alle ihm aufgetragenen Arbeiten gewissenhaft auszuführen. Sein Arbeitsfeld ist die äussere und innere Klausur, wo er als "Diener des Herrn" seiner Aufgabe nachgeht. Er empfängt die niederen Weihen, wird also auch Geistlicher. Deshalb werden die Felder vor dem Kloster von angestellten Knechten bewirtschaftet. Nach sechs Monaten Postulat kann sich der Laienbruder als Donat (32) zum Noviziat melden. Nach einjähriger Probezeit kann er sich in einer zeitlichen Donation für drei Jahre dem Orden verpflichten. Er ist jetzt Donatsbruder. Wird der Donatbruder von der Kongregation zur ewigen Donation zugelassen, darf er sich als Konversbruder bewerben. Nach einer einjährigen Probezeit als Konversnovize kann er sich weitere drei Jahre als Konversbruder verpflicheten. Nach Ablauf der Frist erhält der Konversbruder mit den feierlichen ewigen Gelübden die niedere Priesterweihe. Damit ist auch er am Ausbildungsziel. Acht Jahre hat er für die endgültige Entscheidung Zeit gehabt. Laienbrüder haben es in der Regel etwas leichter, zeitlebens beim Orden zu bleiben. Ihre Klausur ist nicht so streng wie die der Mönche. Ihre Arbeit, meist in Garten oder Landwirtschaft, nimmt etwa sieben Stunden in Anspruch.
Trotzdem soll auch für den Laienbruder das Gotteslob an erster Stelle stehen. Am Chorgesang nimmt er in der Regel teil, wenn es sein Arbeitsplan erlaubt. Auch das Schweige-Gelübde wird während der Arbeit weitgehend eingehalten.
24 eigentliche Ordensmönche, Theologen
25 Laienbrüder, die sich ohne Theologiestudium dem Orden anschliessen
26 Probezeit in einem katholischen Orden
27 Probezeit für Neueingetretene
28 Ordensversammlung
29 6 Jahre Theologie und 3 Jahre Philosphie
30 feierliches Abendmahl
31 geistiges sich Versenken in das Werk und Wort Gottes
32 (Gott) Geschenkter