
Sintflutsagen finden wir in vielen Kulturen, so z.B. in Griechenland (Deukalion), Amerika (Ureinwohner), Australien, Polynesien,Tibet, Indien, Kaschmir, Litauen ... . 1891 veröffentlichte Richard Andrée in seinem Buch "Die Flutsagen" viele dieser Erzählungen. Über 80 000 Werke in 72 Sprachen erzählen von einer Sintflut oder von sintflutartigen Ereignissen. In den Zwischeneiszeiten der Erdgeschichte stiegen die Meeresspiegel schon viermal an.
Alles weist darauf hin, dass die grosse Flut, falls die Bibel in Gen 6-8 von einem geographischen Ereignis spricht, ein - für heutige Verhältnisse - lokales Ereignis war, das sich im Zweistromland um 4000 v. Chr. auf einer Fläche von 630 x 160 km abgespielt hat. Für damalige Verhältnisse mag das durchaus "weltweit" gewesen sein.
Kurz vor 1900 wurde das sumerische Gilgamesh-Epos aus dem 7. Jahrh. v. Chr. gefunden und entziffert. Es ist in der Diplomatensprache des 2. Jahrtausends v.Chr. (Zeit König Assurbanipals), in Akkadisch geschrieben, das damals vom Euphrat bis zum Nil gesprochen wurde. Auch in dieser Schrift wird von einer grossen Flut berichtet, wobei sich aber eine Identität mit der biblischen Urflut nicht ableiten lässt. Die Urfassung dieses sumerischen Epos mag etwa auf die Zeit König Hammurabis von Babylon zurückgehen (um 1700 v. Chr.).
Der archäologische Beweis, dass es tatsächlich eine grosse Flut gegeben haben muss, geht auf Wooley zurück. 1929 stiess er am Tell al-Muquayyar (Stufenhügel) 200 km nordwestlich von Basra (Irak) auf Lehmschichten unterschiedlicher Stärke (0,4 bis 2 m). Diese zeugt von einer Überschwemmung grossen Ausmasses um das Jahr 4000 v. Chr. im Zweistromland.
Eine andere Erklärungsmöglichkeit kommt von Prof. W. Panzer. Zwischen 40 000 und 10 000 v. Chr., in der Nacheiszeit, hat sich der Meeresspiegel um gut 90 m gehoben. Zur Würmzeit bedeckten ca. 37 Millionen Kubikkilometer Gletschereis mehr als heute die Kontinente. Das Abschmelzen dieser enormen Eismassen hat in den folgenden Jahrtausenden weite - wahrscheinlich besiedelte - Landmassen verschlungen. In den Fluterzählungen mag noch etwas wie eine "Urerinnerung" an jene Flutkatastrophen am Ende der Eiszeit anklingen.
Die biblische Sintfluterzählung steht in der Tradition der Sündengerichte. Kernstück der Erzählung ist der erste Bund Gottes mit dem Menschengeschlecht, die prinzipielle Annahme des Menschen durch Gott. Dieser Bund mit Jahwe wird zum Leitthema der israelitischen Geschichtsschreibung. In der Noaherzählung erhält der Bund durch die Söhne Noahs auch einen universaltheologischen Sinn. Israel ist zwar das auserwählte Volk, aber der Bund gilt auch für die anderen Völker der Welt.