Im 3. Jahrh.n.Chr. nimmt die Macht Roms ab. Schwache und eigensüchtige Herrscher, innenpolitische Wirren, Sitten- und Wertewandel, nicht zuletzt durch das aufsteigende Christentum ... lassen die Grenzen des Riesenreichs bröckeln und die unmittelbare Gefahr für Rom immer grösser werden. Es ist auch anzunehmen, dass die Gegner stärker geworden sind, denn auch sie haben sich weiterentwickelt und von ihren Feinden gelernt.
260 n.Chr. sind die Römer gezwungen, den germanisch-oberrätischen Limes, den befestigten Grenzwall gegen die Germanen, aufzugeben und die Soldaten nach Italien zurückzuziehen. Für die gallorömische Bevölkerung südlich des Limes, auch in Helvetien, beginnt eine unsichere Zeit. Jenseits der Grenzen warten die gefürchteten Alemannen, die das entstandene Machtvakuum für sich nutzen wollen. Wer kann, verlässt die gefährdete Zone, um sich weiter südlich eine neue Heimat zu suchen. ¾ der romanischen Gutshöfe in der Nordwestschweiz sind damals für immer aufgegeben worden. Allein in Rätien (Graubünden) gibt es weiterhin eine starke romanische Präsenz.
Der Limes
Der in der römischen Kaiserzeit angelegte Limes dient der Sicherung des Imperiums. Während er im 1. Jahrhundert n. Chr. zunächst aus separaten hölzernen Wachtürmen besteht, wird er im 2. Jahrhundert zu einem Holzpalisadenzaun ausgebaut. Im darauf folgenden Jahrhundert entstehen Erdwälle und Gräben. Die zu dieser Zeit begonnene Befestigung mit Steinmauern wird nie vollendet.
Helvetien gehört zwar noch zur römischen Provinz, die glanzvolle Zeit ist aber vorbei und die Zeiten sind unsicher geworden.260 lässt Gallienus die Mauern von Vindonissa (Windisch) verstärken. 297 baut Kaiser Diokletian das Kastell von Augusta Raurica und besetzt es mit der 1. Legion des Mars. 365 wird unter Kaiser Valentinian wieder am Limes, dem Grenzwall zu Germanien gearbeitet. Neu ist die Staffelung der Grenzbefestigungen in die Tiefe. Zwischen Bodensee und Basel entsteht eine Kette von Wachtürmen im Abstand von 1,5 - 2 km. Als 401 die Westgoten, ein germanischer Stamm unter Alarich, in Italien einfallen und Rom bedrohen, werden die römischen Truppen zum Schutz der Heimat aus dem Norden abgezogen. Sie werden nie wieder dorthin zurückkehren.
Die Burgunder
In der Provinz Helvetien wird die romanische Lebensart weitergeführt, aber die Grenzen sind durchlässig geworden. Warum die gefürchteten Alemannen die Gunst der Stunde nicht nutzen um ins südliche Rheingebiet einzudringen, bleibt ein Rätsel. Die ersten, die neu Schweizer Gebiet besiedeln sind die ursprünglich von der dänischen Insel Bornholm stammenden Burgunder. Mitte des 5. Jahrhunderts lässt sich eine grössere Gruppe im Südwesten unseres Landes dauerhaft nieder und bildet eine neue Adelsschicht gegenüber den ansässigen Galloromanen. Der galloromanische Adelige Apollinaris Sidonius weiss nicht viel Gutes über diese ungepflegten, rülpsenden barbarischen Vielfrasse zu berichten, die schon morgens nach Zwiebel und Knoblauch riechen. Interessanterweise gleichen sich die Burgunder in Sprache und Kultur schon bald den kulturell überlegenen Galloromanen an, behalten aber ihre eigenen Gesetze. Nach dem Untergang des Römerreiches bilden sie um 500 - etwas weiter im Nordwesten - ein eigenes Königreich.
Geschichtlich wissen wir wenig von den Burgundern. Ihr Leben und Wirken ist im Sagenkreis um die Nibelungen, seit dem Hochmittelalter im Nibelungenlied (um 1200), verewigt. Das Nibelungenlied gehört zu den frühsten europäischen Dichtungen. Es ist ein Heldenlied [Epos], das in vielen unterschiedlichen Fassungen existiert. Das Original ist verschollen, eine Handschrift aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts (Fassung B) wird in der Klosterbibliothek St. Gallen aufbewahrt.
Aufgaben und Recherchen
Von welchem bis zu welchem Jahrhundert haben wir nördlich der Alpen mit dem Einfluss der Römer zu rechnen?
Was bedeutet der Rückzug der Römer aus dem südwestdeutschen Raum?
Was bedeutet das Wort „Limes“ und was ist der Limes?
Wieso wird heute noch im Graubünden Rätoromanisch gesprochen?
Welche zwei römischen Siedlungen in unserer unmittelbaren Umgebung (AG und BL) kennst du, was weisst du über sie und wann sind sie entstanden?
Wodurch zeichnet sich der Niedergang Roms ab?
Wer sind die Burgunder, woher kommen sie und welche Rolle spielen sie in der Schweiz?
Wie werden die Burgunder geschildert?