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GS 2 - 609 Der Sklavenhandel

GESCHICHTE > Entdeckungen & Eroberungen


ENTDECKUNGEN UND EROBERUNGEN  GS 2 - 609

Der Sklavenhandel

Schon ab 1400 bekämpfen die Portugiesen arabische Stellungen in Nordafrika, um deren Monopol sowohl im Mittelmeerhandel als auch im Goldhandel mit Westafrika zu brechen. Die portugiesischen Anstrengungen, auf dem Seeweg durch die Umrundung Afrikas den Kontakt nach Indien herzustellen, sind nichts anderes als der Versuch, den arabischen Zwischenhandel mit Indien und Indonesien (Gewürzinseln) auszuschalten. 1419 errichtet Portugal deshalb eine Seefahrtsschule, in der alle Pläne für die folgenden Vorstösse an die afrikanische Küste ausgearbeitet werden. Bei ihren Erkundungs- und Eroberungsfahrten bringen die Portugiesen neben Elfenbein und Gold auch Sklaven heim, die zu einer lukrativen Handelsware werden.

Der 5. Teil des Gewinns vom Verkauf eines jeden Sklaven ist an die Portugiesische Krone abzuliefern. Die in der Folgezeit vom Sklavenhandel ausgehende Wirkung ist verheerend für den afrikanischen Kontinent. Afrika erleidet ungeheure Verluste, zumeist durch den Raub der gesündesten und stärksten jungen Leute. Viele sterben bei Kämpfen, den strapazenreichen Märschen der Sklavenkarawanen vom Landesinneren an die Küste, beim Schiffstransport und durch die folgende brutale Ausbeutung. Nach Schätzungen hat Afrika durch den Sklavenhandel zwischen dem 15. und 19. Jahrhundert etwa 50 Millionen meist junge und kräftige Menschen verloren.

1441 verlassen die ersten portugiesischen Sklavenschiffe den afrikanischen Kontinent. Eine neue Dimension bekommt der Sklavenhandel mit dem Ausbau der Plantagenwirtschaft in der 'Neuen Welt'. Mit der Genehmigung von Kaiser Karl V. im Jahre 1517 setzt der Handel mit afrikanischen Sklaven in den europäischen Besitzungen in Nord-, Mittel- und Südamerika offiziell ein und steigt in den folgenden Jahrhunderten stetig an bis zur Abschaffung der Sklaverei im 19. Jahrhundert.


Zwischen Europa, Amerika und Afrika entsteht ab ca. 1680 der berüchtigte Dreieckshandel, in dessen Verlauf vor allem die holländischen und französischen und danach die britischen Handelskompanien an jedem Umschlagsplatz sich vervielfachende Gewinne erzielen, weil bei ihm die Schiffe auf allen Routen voll ausgelastet sind. Gegen Flinten, Schnaps und Baumwolle (Manufakturprodukte) aus Europa werden in Afrika - zunächst äusserst billig - Sklaven eingetauscht. Diese wiederum transportiert man zu den Westindischen Inseln oder in andere Teile Amerikas. Zunächst erhält man für die Sklaven Gold und Silber, später interessieren mehr die Plantagenprodukte Zucker einschliesslich Rum, Baumwolle, Kaffee und Tabak.



Die "Nutzung von Sklaven" richtete sich streng nach Kostenrechnung. Amerikanische Sklavenbesitzer errechnen, dass die Zufuhr frischer Arbeitskräfte nach 3 - 4 Jahren billiger ist als die gute Versorgung der bereits im Besitz befindlichen Sklaven über diesen Zeitraum hinaus. Deshalb werden maximale Arbeitsleistung bei geringster Versorgung aus den rechtlosen Menschen herausgepresst. Der Mensch wird zum „Wegwerfartikel“. Wer sein „Soll“ nicht erfüllt, wird mit Essensentzug bestraft, ausgepeitscht oder umgebracht. Die Menschenrechte gelten für Slaven nicht. Sklaven werden als „Ware“ behandelt.

Die Minen- und Plantagenbesitzer können ihren Arbeitskräftebedarf nur mit der Verwendung versklavter Menschen befriedigen. Hautfarbe und Herkunft der Zwangsarbeiter sind den frühen Unternehmern dabei lange Zeit gleichgültig. Was zählt, ist,  dass man ein Maximum an Leistung aus den Arbeitern pressen kann. Da die "Indios" den Anforderungen der Zwangsarbeit nicht gewachsen sind und zu Hunderttausenden sterben, bietet der Import von Negersklaven einen willkommenen Ausweg.

Der Abbau von Gold und Silbererzen bleibt nicht lange die hauptsächliche Sklavenarbeit. Die meisten tropischen Landwirtschaftsprodukte, vor allem der Zucker (Zuckerrohr), sind extrem arbeitsintensiv und verlangen Heer von Arbeitskräften. Damit werden die Plantagenbesitzer zu den grössten Nachfragern nach afrikanischen Negersklaven. Neben Spanien betrachten zunehmend auch die europäischen Staaten Frankreich, England und Holland Afrika als ihr Jagd- und Geschäftsgebiet. Sie untergraben die spanische Monopolstellung in der Karibik und legen ihrerseits Niederlassungen und Zuckerplantagen an. Kuba wird dabei ihr Hauptumschlagsplatz für die sogenannten Westindischen Inseln. Bis zur endgültigen Abschaffung der Sklaverei in Amerika werden etwa zehn Millionen Afrikaner gewaltsam in die neu entdeckte Welt verschleppt. In Bergwerken, auf Plantagen, in Transport und Verkehr, in der Hauswirtschaft ihrer weissen Herren, ja praktisch in allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens erarbeiten sie den ungeheuren Reichtum anderer.

Je grösser der Umfang der Sklavenjagd wird, umso schwieriger wird es, Sklaven in Küstennähe zu fangen. Die Sklavenjäger sind gezwungen, sich in das Innere des Landes zu wagen, um ihre Opfer zu finden. Haben sie ihr Ziel erreicht, stehen sie vor der schwierigen Aufgabe, ihre Beute ohne Verluste an die Küste zu schaffen. Unter schwerer Bewachung und gefesselt werden die Sklaven in ihre traurige Zukunft geführt. Hat der Sklaventreck die Küste erreicht, sammelt man die Sklaven in sog. Faktoreien, und bewacht sie so lange, bis genügend "Material" für ein Transportschiff vorhanden ist.

In der Mitte der Faktorei befindet sich das Sklavengehege, eine Art Palisadenfestung innerhalb des umzäunten Gebietes. In ihrer Mitte steht eine längliche Hütte, um die Sklaven vor Sonne und Regen zu schützen. Die männlichen Sklaven werden in regelmässigen Abständen an eine Kette angeschlossen, während die Frauen und Kinder innerhalb der Umzäunung frei herumlaufen dürfen. Bevor sie auf das Schiff gebracht werden, kommen Schiffsärzte und untersuchen jeden einzelnen gründlich. Nachdem die Untauglichen ausgesondert sind, wird jedem von denen, die für gut befunden worden sind, auf der Brust mit Hilfe eines glühend heissen Eisens das Zeichen der jeweiligen Handelsgesellschaft in die Haut eingebrannt.

Hat man genügend transportfähige Sklaven zusammengebracht, konzentriert sich die Aufmerksamkeit auf den unverzüglichen Verkauf und die anschliessende Übergabe der menschlichen Ware an die Sklavenkapitäne, die von Zeit zu Zeit vor der Küste erscheinen. Dann folgt der kritische Augenblick der Einschiffung. Viele der aus dem Landesinneren stammenden Afrikaner kennen das Meer nicht und sind erschreckt durch die tosende Brandung. Sie wehren sich mit allen Kräften, das Land zu verlassen und in die Boote zu steigen. Manche versuchen sich selbst umzubringen.

An Bord schliesslich tragen die katastrophalen Lebensbedingungen zu einer sprunghaften Erhöhung der Selbstmordrate bei. Eine weit verbreitete Methode des Selbstmords ist der Hungerstreik. Wo Peitsche und Quälereien versagen, greift man zum Mittel der Zwangsernährung. Dazu verwendet man eine Art „Mundöffner“. Mit ihm kann man den Mund gewaltsam öffnen und flüssige Nahrung einflössen. Die Sklavenrevolten während der Überfahrt nahmen oft eine wüste Brutalität an, von deren Schrecken die Bordbücher berichten. Im Allgemeinen scheitern diese Revolten, enden aber stets mit einigen Toten.



An Bord des Sklaventransporters werden die Gefangenen noch einmal untersucht und es wird streng darauf geachtet, dass sie keine ansteckenden Krankheiten haben, um nicht die gesamte Ladung während der Überfahrt zu 'verderben'. Dann wird die gesamte Ladung unter Deck eingeschlossen. Die Frage, in welchem Verhältnis zur Grösse des Schiffes die Zahl der an Bord genommenen Sklaven zu stehen hätte, gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen unter den Kapitänen. Die "Loose-Packers" argumentieren, dass, indem sie den Sklaven ein wenig mehr Raum gäben- sie die Todesrate unter ihnen senkten und in Westindien eine besseren Preis für jeden Sklaven erzielten. Die "Tight-Packers" sind der Meinung, dass - obwohl der Verlust an Leben auf jeder ihrer Reise grösser sein mochte - eine grössere Ladung grössere Erträge bringen würde. Wenn viele der Überlebenden schwach und abgezehrt wären, dann könnten sie in einem westindischen Sklavenhof wieder gemästet werden, bevor man sie zum Verkauf anböte. Auf jeden Fall ist die Situation der auf engstem Raum eingepferchten Menschen  unerträglich. Unerträgliche Hitze, unzureichende Luftzufuhr, mangelnde Gelegenheit zu jeder entspannenden Bewegung, katastrophale hygienische Verhältnisse, unerträglicher Gestank… Die Todesrate unter den Sklaven ist hoch. Die häufigsten Krankheiten an Bord sind Skorbut, Ruhr und eine "Pian" genannte Hautentzündung. Unter Deck herrschte die Hölle.

Aufgaben und Recherchen
Was war der Grund für die portugiesische Expansionspolitik im 15. und 16. Jahrhundert?
Wer errichtete 1419 die Seefahrtschule? Was war ihre Aufgabe?
Wann verliessen die ersten Schiffe mit Negersklaven den afrikanischen Kontinent?
Wenn du die hier gegebene Zahl von Menschenverlusten zusammenrechnest mit den Opfern in der indianischen Bevölkerung (70 Millionen), wie viele Menschen verloren durch die Eroberungen durch die Portugiesen und Spanier direkt oder indirekt ihr Leben?
Was führte zum Aufschwung des Sklavenhandels im 16./17. Jahrhundert in Amerika?
Erkläre den Begriff "Dreieckswirtschaft! Was brachte sie für einen Vorteil?  
Was versteht man wohl unter "schwarzem Elfenbein"?
Spanien und Portugal blieben nicht unter sich. Wer mischte sich auch in das lukrative Geschäft ein?
Warum ist Afrika heute ein weitgehend unterentwickelter Kontinent? Nenne einen Grund.
Schildere die menschenverachtende Logik der zwei Arten Sklaven zu transportieren. Welche sind es?
Was steckt hinter der Philosophie, dass Sklaven gut zu behandeln seien?
Wie sah der Sklavenalltag in Wirklichkeit aus? a) auf dem Transport, b) am Arbeitsplatz







 
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