
Spanier und Portugiesen haben sich 1494 im Vertrag von Tordesillas vom Papst Alexander VI. die Welt unter sich aufteilen lassen. Während die Portugiesen sich mit einigen Stützpunkten begnügen, die ihren Seeweg nach Indien sichern, streben die Spanier nach Landbesitz. Deshalb nehmen sie ganz Mittel- und Südamerika - ausser Brasilien - für sich in Besitz. Der Landeroberung folgt die Ausplünderung der unterworfenen Regionen und Stämme. Die Neue Welt wird zur Silberprovinz des spanischen Staates, der mit den Schätzen der unterworfenen Völker seine Kassen füllt und in unersättlicher Geldgier immer neue Expeditionen ausrüstete. Die besiegten Indianer werden beraubt und versklavt. Als Zwangsarbeiter müssen sie in Bergwerken und Goldwäschereien für die spanischen Eroberer arbeiten. Im sogenannten Encomienda-System werden den Eroberern und ihren Nachfahren Indianer als Arbeitskräfte zugeteilt neben den Ländereien, die diese bewirtschaften müssen. Diese Art der Leibeigenschaft der Landarbeiter ist die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg der Grossgrundbesitzungen, die sich als Latifundien bis heute erhalten haben.

Dabei hat die spanische Königin Isabella bereits 1503 ein Gesetz erlassen, das die grausame Behandlung der Indianer verbietet. Auch die spanischen Missionare protestieren gegen die Gräueltaten, die im Namen der spanischen Krone und des Christentums begangen werden. In langen Verhandlungen und Bemühungen um das Wohlergehen wird die Fürsorge der Geistlichen schliesslich zumindest teilweise belohnt. Die Eingeborenen dürfen nicht mehr versklavt werden, sondern gelten fortan als "unmündige Schutzbefohlene". Als solche werden sie in Missionsdörfern von Geistlichen zu Christen und spanischen Untertanen erzogen. Um die ausgefallenen Arbeitskräfte zu kompensieren werden aber die Importe von Sklaven aus Schwarzafrika vorangetrieben.
Eroberung des Aztekenreiches

Das ehemalige Reich der Azteken liegt im Bereich des heutigen Mexikos und dehnt sich zwischen der östlichen und der südlichen Sierra Madre vom Golf von Mexiko bis zum Pazifik aus. Der Hauptort Tenochtitlan ist das heutige Mexiko City.
Die Azteken beherrschen die Stämme der Region und erregen mit ihren Strassenanlagen und riesigen Tempelbauten das Erstaunen der Spanier. Die Azteken haben umfangreiche Bewässerungsanlagen für ihre Felder entwickelt, auf denen Mais, Tomaten, Tabak und Kakao gedeihen. Sie können kunstvolle Waffen und Geräte aus Gold und Kupfer herstellen, kennen aber kein Eisen. Das Töpferhandwerk ist fortgeschritten, kennt aber noch keine Töpferscheibe. Die Azteken verfügen über einen präzisen Kalender und über ein Gesellschaftssystem mit Schulpflicht und militärischer Grundausbildung. An der Spitze des aztekischen Reiches steht der "Tlacatecuhtli" als oberster Herrscher. Er regierte in Tenochtitlan, der grössten Stadt mit über 300'000 Einwohnern. Die gewaltige Stadtanlage liegt auf einer Insel. Drei Dämme verbinden sie mit dem Festland. Tenochtitlan ist in Wohnviertel eingeteilt, besitzt mehrere Marktplätze sowie Parkanlagen, im Zentrum einen Tempelbereich.

Die Zerstörung des Aztekenreiches ist untrennbar mit dem Namen Hernán Cortés verbunden, ein Adliger, der in der Neuen Welt sein schnelles Glück machen will. In Anlehnung an die Reconquista, die Rückeroberung Spaniens von den muslimischen Mauren im 15. Jahrhundert nennen sich die spanischen Eroberer "Conquistadores" (Eroberer). Von Kuba aus startet er seine Eroberung mit 600 freiwilligen Teilnehmern, die er in ihrer Gier nach Macht und Gold mühelos anwerben kann. Zunächst erkundet er die Küste und bereitet seinen Marsch ins Landesinnere vor. Um seine Männer an einer Umkehr zu hindern, lässt er die Schiffe verbrennen und zieht mit 14 Kanonen und 16 Pferden ins Hochland von Mexiko. Unterwegs verbün¬det er sich mit einigen Stämmen, die mit den Azteken verfeindet sind.
Montezuma, der mächtiger Herrscher der Azteken, hört von den Eindringlingen, die mit ihren Kanonen und Pferden überall Schrecken und Angst verbreiten. Man hält die Spanier für die weissen Götter alter Prophezeiungen, was die Azteken einschüchtert. Montezuma schickt eine Gesandtschaft mit Geschenken, um Cortés von einem weiteren Vordringen abzuhalten, erreicht aber genau das Gegenteil. Beflügelt von dem Glanz der Geschenke ziehen die Spanier weiter in Richtung Tenochtitlan. Cortés überzeugt Montezuma von seinen friedlichen Absichten, so dass die Azteken die Spanier sogar in die Hauptstadt führen und im Palast unterbringen. Die Spanier nehmen Montezuma als Geisel. Als die Spanier gegen die einheimischen Götzendienste und Tempel vorgehen wollen, erheben sich die Azteken. Montezumas Volk verdächtigt seinen Herrscher der Zusammenarbeit mit den Spaniern und steinigt ihn bei seinem Versuch, im Auftrag der Spanier mit ihnen zu verhandeln. So stirbt der letzte Herrscher der Azteken. Die Spanier müssen sich aus der Hauptstadt zurückziehen, belagern aber die Dämme und verhindern die Versorgung der Stadt. 1521 fällt Tenochtitlan nach 107 Tagen Belagerung durch die mit weiteren Truppen verstärkten Spanier, die riesengrosse Stadt geht in Flammen auf und mit ihr die Kultur der Azteken. Cortés lässt die Stadt zwei Jahre später wieder aufbauen und nimmt das Land unter spanische Verwaltung.
Der Untergang des Inkareiches

Das Reich der Inka dehnt sich im Hochland der Anden an der Pazifikküste über mehr als 4.000 km von der Nordgrenze Ecuadors, über Peru und Bolivien bis zum heutigen Chile im Süden aus. Die Hauptstadt des Inkareiches ist Cuzco, 300 km südöstlich vom heutigen Lima (Peru), wo um 1530 etwa 100'000 Menschen gelebt haben.
Die Inka haben ihr Reich durch die Unterwerfung benachbarter Stämme geschaffen. Sie herrschen über mehr als 10 Millionen Menschen. Ihr oberster Herrscher gilt als Sohn des Sonnengottes. Das Inkareich ist straff durchorganisiert. Der Einzelne muss Abgaben und Dienste leisten, dafür garantierte der Staat allen Menschen - auch den Alten und Kranken - Kleidung und Nahrung. Statt einer geschriebenen Schrift gibt es das Kipu, ein kompliziertes Knotensystem mit unterschiedlichen Farben, Abständen und Knotenarten, mit dem Nachrichten übermittelt werden können. Die Landwirtschaft ist einerseits sehr primitiv. Pflug, Wagen und Zugtiere sind unbekannt. Andererseits düngte man die Terrassenfelder mit Guano und verfügt über komplizierte Bewässerungssysteme. Die geringe bebaubare Fläche in der gebirgigen Gegend ist durch Terrassierung erheblich erweitert worden. Wichtigste Kulturpflanzen sind Mais, Tabak und Kartoffeln. Die Inkas verfügen über ein mächtiges Heer und zahlreiche Befestigungsbauten, die sowohl das gut ausgebaute Strassensystem sicheren wie auch die Städte.

Trotzdem gelingt es Francisco Pizarro mit nur 177 Männern, von denen 67 beritten sind, das Inkareich zu erobern, wobei er stark von der Naivität und dem Vertrauen der Indios profitiert. Pizarro hat Berichte von einem mächtigen Volk mit sagenhaftem Reichtum im Süden gehört. Vom Gouverneur von Panama erhält Pizarro die Erlaubnis zur Suche nach diesem unbekannten Land. Nach zwei vergeblichen Versuchen stösst er im heutigen Peru auf die Strassen der Inka. Diesen folgt er, bis er mit seiner Gruppe in der Gegend der geheimnisvollen Bergfestung Machu Picchu (Bild oben) dem 20' 000 Mann starken Heer der Inkas mit ihrem Herrscher an der Spitze gegenüber steht. Der oberste Inka Atahualpa wird zusammen mit seinem unbewaffneten Gefolge zu einer Unterredung gebeten, in deren Verlauf er von den Spaniern gefangen genommen wird. Unter den führerlosen Inkas machte sich Entsetzen breit. Die nie gesehenen Pferde und die aus dem Hinterhalt angreifenden Spanier haben die Inkas zu Tode erschreckt. Die Spanier fordern nun ein hohes Lösegeld und der Inkaherrscher verspricht ihnen ein Zimmer voll Gold und Silber für seine Freiheit. Daraufhin schleppten die Einwohner des Landes über Wochen unvorstellbare Mengen an Gold und Silber herbei. Nach zehn Wochen ist das Lösegeld zusammengetragen. Die vielen Tausend Schmuckstücke werden innerhalb von vier Wochen in handliche Barren geschmolzen. Dabei gehen wertvollste Kunstwerke unwiederbringlich verloren. Jeder Reiter aus der Truppe erhält zwischen dreissig und vierzig Kilogramm, die Fusstruppen zwischen zehn und zwanzig Kilogramm Gold. Hinzu kommen extra Rationen an Silberbarren.

Obwohl das Volk die ungeheure Menge Gold als Lösegeld gezahlt hat, bricht Pizarro sein Wort. Der oberste Inkaherrscher Atahualpa wird in einem Schauprozess angeklagt, weil er Götzen anbeten und unkeusch handeln soll, da er mit mehreren Frauen verheiratet ist. Man verurteilt ihn zum Tod und erdrosselte ihn (Bild rechts). Anschliessend zieht Pizarro nach Cuzco und zerstört die Stadt.
Nach dem Tod ihres Herrschers scheinen die Inka von Peru wie gelähmt, während jene von Ecuador den Kampf gegen die Spanier aufnehmen. Nach einer Reihe furchtbarer Schlachten siegt die spanische Reiterei mit ihren eisernen Schwertern und Lanzen, denen die Inka mit ihren primitiven Holzwaffen nichts entgegenzusetzen haben. Das Inkareich wird ebenfalls spanische Kolonie.
Von nun an wird der Mythos El Dorado (spanisch "Der Goldene") zur Triebfeder von Generationen goldgieriger Abenteurer. Dabei ist nicht einmal klar, ob dieser El Dorado eine sagenhafte Gestalt oder ein sagenhaftes Goldland im Innern des nördlichen südamerikanischen Kontinents ist. So bleibt El Dorado bis heute ein ungelöstes Geheimnis.
Aufgaben und Recherchen
Spanier und Portugiesen hatten unterschiedliche Interessen in den eroberten Gebieten. Welche?
Erkläre, was man unter Encomienda versteht.
Warum ist Südamerika heute ein armes Entwicklungsland. Was ist von den spanischen Eroberern bis heute geblieben?
Wer waren die Azteken, wo wohnten sie, welches war ihre Hauptstadt? (Schon der Gedanke, dass Indianer in Städten wohnen ist für den durchschnittlichen Europäer schwer nachvollziehbar!)
Wer war und wie starb der letzte Azteken-Herrscher?
Wer waren Hernán Cortéz und Franzisco Pizarro?
Mit Hernán Cortéz verbindet sich auch eine tragische Liebesgeschichte um Malinche, eine Indianerin, die sich in Cortéz verliebt, ihm eine treue Gefährtin und Dolmetscherin ist, dadurch aber zur Verräterin an ihrem eigenen Volk wird.
Wer waren die Inkas, welche Leistungen werden ihnen zugeschrieben? Wo liegt das Zentrum ihres Reches und wer war ihr letzter Herrscher?
Wieso beseitigten die Indianer die Spanier nicht einfach? Sie waren ja eindeutig in der Übermacht! Nenne drei Gründe.