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GS 2 - 801 Dreissig Jahre Krieg um Macht und Glauben

GESCHICHTE > Dreissigjähriger Krieg


DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG  GS 2 - 801

Dreissig Jahre Krieg um Macht und Glauben

Der Beginn, die erste Phase des Krieges

Im Jahre 1555, neun Jahre nach Luthers Tod, wird der Augsburger Religionsfriede geschlossen. "Cuius regio, eius religio!" - nach ihm bestimmen künftig die Landesherren, welcher Kirche die Untertanen angehören sollen. Für viele Gläubige, ob katholisch oder evangelisch, ist das eine Zumutung. Aber, entweder sie fügen sich, oder sie müssen in ein Gebiet ziehen, wo ihre Konfession (ihre Glaubensrichtung) nicht verfolgt wird. Eine Lösung auf Dauer ist das aber nicht. Weil gleichzeitig die katholische Gegenreformation voranschreitet, ist man in einem protestantischen Land nie sicher, wie lange es protestantisch bleiben würde.

Die Protestanten des Deutschen Reiches beginnen, sich über die vielen Grenzen des Reiches hinaus in einer "Union" zu verbünden (1608). Dieser stellen die Katholiken eine «Liga» gegenüber (1609). Die protestantische Union und die katholische Liga suchen nun Verbündete bei ausländischen Mächten. Die Niederlande, England, Frankreich (obwohl katholisch!), später noch Schweden, treten auf die Seite der Union, Habsburg, Spanien und der Kirchenstaat auf die Seite der Liga.

Der habsburgische Kaiser, Ferdinand II, von Haus aus katholisch, befürchtet, dass sein Reich auseinanderfällt. Er greift deshalb hart durch, als in Böhmen ein protestantischer Aufstand ausbricht. Bei diesem werden zwei habsburgische Gesandte von der Prager Königsburg (Hradschin) zum Fenster hinausgeworfen ("Prager Fenstersturz" 1618, Bild rechts). Zwar passiert ihnen nichts Ernsthaftes, weil sie auf einem Abfallhaufen landen, aber 27 aufständische böhmische Führer werden hingerichtet und ihre Güter eingezogen. Wer nicht katholisch ist, muss das Land verlassen. Die Bevölkerung von Böhmen verringert sich von 3 Millionen auf 800'000 Menschen!

Der «Prager Fenstersturz» ist das Signal und Auftakt zu einem der furchtbarsten Kriege in der Geschichte des Deutschen Reichs. Im Allgemeinen wird der Krieg in vier Phasen unterteilt, die jeweils nach den Kriegsgegnern des Kaisers benannt sind:

1) Böhmisch - Pfälzischer Krieg (1618 - 1623);
2) Niedersächsisch - Dänischer Krieg (1624 - 1629);
3) Schwedischer Krieg (1630 - 1635);
4) Schwedisch - Französischer Krieg; europäischer Krieg (1635 - 1648)

Nach der Niederschlagung des bömischen Widerstands 1618 - 23 wendet sich der kaiserliche Feldherr Tilly mit seinem Heer dem protestantischen Norden zu. König Christian von Dänemark, selber Protestant, stellt sich ihm entgegen. Er hat Hilfe von England und den Niederlanden erhalten. Dem starken Gegner ist der Kaiser nur gewachsen, wenn er ein neues Heer ausheben kann. Doch viele Fürsten weigern sich für eine Sache, die nicht ihre Sache ist, Truppen zu entsenden. Schliesslich kommt Hilfe von einem böhmischen Edelmann, Albrecht von Wallenstein, der sich schon bei der Niederschlagung des bömischen Widerstands hervorgetan hat.

Wallenstein, kaiserlicher Feldherr

Wallenstein ist Sohn protestantischer bömischer Eltern und hat an einer lutheranischen Universität bei Nürnberg studiert. Die Jesuiten können ihn aber für den katholischen Glauben gewinnen. Viel Land, das den böhmischen Aufrührern weggenommen wird, fällt ihm zu. So wird er der reichste Grundbesitzer im Lande. Seine Untertanen müssen zum katholischen Glauben zurückkehren. Der Kaiser verleiht ihm 1625 den Titel eines Herzogs von Friedland.

Wallenstein versteht es wie kein Zweiter, die Gunst der Stunde und die des Kaisers für seine ehrgeizigen Ziele zu nutzen. Vieles, was man über Wallenstein sagt, ist umstritten, oft nur Äusserungen, Berichten und Briefen entnommen, die von seinen Gegnern, den späteren Siegern der Geschichte, stammen. Neben Gustav Adolf von Schweden ist Wallenstein einer der genialsten militärischen Organisatoren seiner Zeit. Im Vergleich zu Gustav Adolf hat Wallenstein einen augenfälligen Vorteil: Er ist reicher als der König von Schweden, und der deutsche Kaiser ist sein Schuldner.

"Mächtige müssen zwangsläufig ihr Ende finden, wenn sie zu weit über andere hinausragen." (Aristoteles)

Der Ausspruch Aristoteles‘ formuliert visionär das Ende dieser beiden herausragenden Feldherren des damaligen Europa. Das Schicksal (oder Wallensteins Sterne?) bestimmen, dass sich die beiden grossen Feldherren auf dem Höhepunkt ihrer politischen und militärischen Karriere in der Schlacht bei Lützen gegenüberstehen. Weder in der Schlacht, noch danach gibt es einen Sieger: Gustav Adolf wird in der Schlacht tödlich verwundet, Wallenstein Monate später ermordet.

Vom böhmischen Städtchen Eger aus streben Wallensteins Werbeoffiziere in die Städte und Dörfer Böhmens, Schlesiens, Frankens und Schwabens. Mit Trommeln und Pfeifen locken sie die waffenfähige Jugend auf die Plätze, versprechen ihr Handgeld und führen sie auf die Sammelplätze. Man fragt nicht lang, wer katholisch oder protestantisch, wer deutsch, französisch oder spanisch ist. Die meisten kümmern sich auch nicht darum, gegen wen sie in den Krieg ziehen sollen:

«Rittmeister und Hauptmann wissen wohl, dass ihnen keine Doktoren, Magister oder sonst gottesfürchtige Leute zulaufen, sondern ein Haufen böser Buben aus allerlei Nationen und seltsames Volk, welches Weib und Kind, Nahrung und alles verlässt und dem Kriege folgt. Alles, was Vater und Mutter nicht folgen will, muss allda dem Kalbfell, welches über die Trommel gespannt ist, folgen, bis man sie in eine Feldschlacht oder ein Stürmen bringt, wo dann etliche Tausend auf der Walstatt (Schlachtfeld) liegen, erschossen und erstochen; denn eines Landsknechts Leben hängt an einem Haar.»

Wallenstein bringt ein Heer von 50'000 Mann zusammen. Noch nie hat ein deutscher Kaiser über eine solche Truppe verfügt. Das Volk bekommt aber diese Armee auch im friedlichen Hinterland zu spüren. Nach dem Grundsatz «Der Krieg ernährt die Krieger» müssen die Bewohner, in deren Gebiet die Armee gerade liegt, für die Verpflegung aufkommen. Ihr Hunger ist bedeutend: In drei Tagen verschlingen die Truppen Wallensteins 150'000 Pfund Brot, 169 Ochsen, 1'359 Schafe, 248 Fass und über 1'000 Achtel Bier sowie 1'872 Scheffel Hafer. Dafür haben drei schlesische Dörfer aufzukommen. Und die Soldaten treiben ihre Forderungen mit unerbittlicher Härte notfalls auch mit Gewalt ein.

Ein Augenzeuge berichtet: (Quelle: Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, "Simplicissimus"):

"Das erste; was die Reiter taten, war, dass sie ihre Pferde einstellten; dann aber hatte jeder seine besondere Arbeit zu verrichten. Etliche fingen an zu metzgern, zu sieden und zu braten, so dass es aussah, als wollte eine lustige Schmauserei gehalten werden. Andere durchstürmten das Haus von unten bis oben. Noch andere machten von Tuch, Kleidern und allerlei Haussrat grosse Packen, als ob sie damit einen Krempelmarkt anstellen wollten; Was sie aber nicht mitzunehmen gedachten, wurde zerschlagen und zugrunde gerichtet: Etliche durchstachen Heu und Stroh mit ihren Degen, als ob sie nicht Schafe und Schweine genug zu stechen gehabt hätten. Etliche schütteten die Federn aus den Betten und füllten dafür Speck, gedörrtes Fleisch, und sonstiges Gerät hinein, als ob dann besser darauf zu schlafen wäre.
Andere schlugen Öfen und Fenster ein, als hätten Sie einen ewigen Sommer zu verkünden. Kupfer- und Zinngeschirr stampften sie zusammen und steckten die verbogenen und verderbten Stücke ein. Bettladen, Tische, Stühle und Bänke verbrannten sie, obgleich viele Klafter dürres Holz im Hofe lagen. Häfen und Schüsseln mussten alle entzwei, entweder weil sie lieber am Spiess Gebratenes assen, oder weil sie allhier nur eine einzige Mahlzeit zu halten gedachten. Unsere Magd ward im Stalle derart misshandelt, dass sie kaum noch gehen konnte. Den Knecht legten sie gebunden auf die Erde, steckten ihm ein Querholz in den Mund und schütteten ihm einen Melkkübel voll garstiger Mistjauche in den Leib - das nannten sie einen schwedischen Trunk. Dadurch zwangen sie ihn, eine Abteilung dahin zu führen, wo die übrigen Bewohner des Hofes sich versteckt hatten. Nicht lange währte es, und sie brachten auch meinen Knan (Vater), meine Meuder (Mutter)und unser Ursele in den Hof zurück.
Nun fing man an, die Feuersteine von den Pistolen loszuschrauben und dafür meiner Mutter und Schwester die Daumen festzuschrauben und die armen Schelme so zu foltern, als wenn man Hexen verbrennen wollte. Mein Knan war meiner damaligen Ansicht nach der Glücklichste, weil er mit lachendem Munde bekannte, was andere unter Schmerzen und Wehklagen sagen mussten. Solche Ehre widerfuhr ihm ohne Zweifel nur darum, weil er der Hausvater war. Sie setzten ihn nämlich an ein Feuer, banden ihn, dass er weder Hände noch Füsse regen konnte, und rieben seine Sohlen mit angefeuchtetem Salz ein, das ihm unsere alte Geiss wieder ablecken musste. Das kitzelte ihn so, dass er vor Lachen hätte bersten mögen. Mir kam das so spassig vor, dass ich zur Gesellschaft, oder weil ich's nicht besser verstand, von Herzen mitlachen musste. Unter solchem Gelächter bekannte er, dass er im Garten einen Schatz vergraben hätte, der an Gold, Perlen und Kleinodien viel reicher war, als man sonst bei einem Bauern hätte suchen mögen."

Mordend, brennend und klauend verlegt sich die Armee Wallensteins nordwärts und drängt bis zur Ostsee vor. Dort scheitert sie am Widerstand der Schweden, die die Festung Stralsund verteidigen. König Gustav Adolf von Schweden (Bild links) ist gewillt, den deutschen Glaubensbrüdern zu Hilfe zu eilen, verfolgt aber auch seine eigenen politischen Ziele an der Ostsee. «Es gibt keinen besseren Schutz für die Ostsee als den Angriff. Es wäre unverantwortlich, wenn Schweden seine Religionsverwandten im Stiche liesse.»

Mit französischer Hilfe stellt Gustav ein Heer auf. Klein aber gut ausgebildet, keine Räuberbande wie die Truppe Wallensteins oder Tillys. Aber der Vormarsch ist mühsam. Die Stadt Magdeburg (Bild rechts: Belagerung von Magdeburg) hätte rasche Hilfe gebraucht. Sie wird von den Katholischen belagert, erobert und niedergebrannt. Von 30'000 Einwohnern überlebten nur etwa 5'000.

Nun aber eilt Gustav Adolf von Sieg zu Sieg. Deutsche Städte öffnen ihm die Tore. Feierlich zieht er in München ein. Bei Lützen, in der Nähe von Leipzig, verlieren die Kaiserlichen eine Entscheidungsschlacht. Aber das siegreiche Schwedenheer verliert seinen Führer. Der geschlagene Wallenstein beginnt jetzt ein doppeltes Spiel. Offenbar sieht er keinen Sinn mehr in einer Weiterführung des Krieges und ist nicht bereit, seine Männer für einen ausssichtslosen Krieg zu opfern. Er verhandelte im Geheimen mit den Schweden und verzögerte die Fortsetzung des Kampfes. Wie schon vorher einmal setzt ihn der Kaiser ab. 1634 wird der Herzog von Friedland in Eger von Mörderhand erstochen.

Die Schrecken des Krieges

Noch 14 Jahre wütet der Krieg. Schwedische und kaiserliche Soldaten geben sich selber Befehle, morden und plündern. Zweimal brandet überdies die tödliche Pest über die Kriegsgebiete. 1635 tritt Frankreich mit einer eigenen Armee in den Krieg ein. «Man könnte sich zum Herrn des Elsass, von Breisach und der Rheinübergänge machen», lautet die Devise des französischen Regenten. Man schätzt, dass am Ende des Krieges mehr als 1'600 deutsche Städte, über 18'000 Dörfer und nahezu 2'000 Schlösser verwüstet sind. Von den heute auf 18 Millionen geschätzten Menschen, die vor dem Krieg in Deutschland gewohnt haben, überlebt kaum die Hälfte. Allein an der Pest sterben in Frankfurt in wenigen Wochen gegen 40'000 Menschen.

Im Dreissigjährigen Krieg kommt im Schnitt jeder dritte Bewohner eines deutschen Dorfes um. General Baner berichtet 1635 dem schwedischen Kanzler, dass in Mecklenburg «nichts als Sand und Luft ist. Alles ist bis auf den Erdboden verheert.». Infolge der Pest sind Felder und Dörfer mit Viehkadavern und Leichen übersät. Noch um 1650 heisst es in den Inventaren vielfach: «Der Bauer ist tot mit all den Seinen, das Haus liegt darnieder, der Acker ist wüst.»

Der Friede

Nach langen Verhandlungen schliessen die Abgesandten des Kaisers, des schwedischen und französischen Königs und die protestantischen und katholischen Fürsten 1648 den Westfälischen Frieden. Die Schweden erhalten Gebiete in Norddeutschland und beherrschen damit die Flussmündungen von Oder, Elbe und Weser und den Handel in der Ostsee. Frankreich übernimmt die Herrschaft von Metz, Toulon und Verdun (Lothringen) und Teilen des Elsass am rechten Rheinufer. Die Niederlande und die Schweiz werden vom Deutschen Reich losgelöst. Das Deutsche Reich selber zerfällt in etwa 300 Einzelstaaten, Fürstentümer, Grafschaften, Reichsstädte oder Bistümer. Protestanten und Katholiken werden gleichermassen geduldet und lernen allmählich, im Frieden nebeneinander zu leben.



Für den Deutschen Kaiser, der mit seiner Intoleranz letztlich den Krieg angezettelt hat, bedeutete der Westfälische Friede einen wesentlichen Machtverlust.

Die Eidgenossenschaft im Dreissigjährigen Krieg

Die Eidgenossenschaft kann sich darauf einigen, nicht ins Kriegsgeschehen einzugreifen. Im 16. Jahrhundert sind die einzelnen Kantone verschiedene katholische und reformierte Bündnisse eingegangen. Bald einmal wird deshalb klar, dass eine Einmischung in den Krieg zum Zusammenbruch der Eidgenossenschaft führen würde.



In den Jahren 1633 und 1638 kommt es jedoch zu Neutralitätsverletzungen durch protestantische Streitkräfte. Die Eidgenossenschaft reagiert, indem sie einen Militärrat (bestehend aus Katholiken und Protestanten) einberuft, der im Notfall bis zu 36’000 Soldaten an die Grenze schicken kann. Diese Vereinbarung zur gemeinsamen Landesverteidigung wird “Defensionale von Wil” genannt.

Dass sich die Eidgenossen darauf einigen können, nicht in den Dreissigjährigen Krieg einzugreifen, bedeutet noch lange nicht, dass sie ihre religiösen Konflikte gelöst hätten: Nach den beiden Kappeler Kriegen 1529 und 1531 kommt es innerhalb von 60 Jahren zu zwei weiteren Religionskriegen. Da die entscheidenden Schlachten jeweils in Villmergen (Aargau) ausgetragen werden, heissen sie „Villmergerkriege“.



Der Erste Villmerger Krieg (1656; Bild oben) ist die Folge eines Zürcher Versuchs, die Situation der Protestanten in katholisch beherrschten Gebieten zu verbessern. Er endet mit einer Niederlage der Protestanten. Auslöser für den Zweiten Villmerger Krieg (1712) ist der Streit zwischen dem reformierten Toggenburg und dem Kloster St. Gallen über den Bau einer Strasse, welche die zentralen (katholischen) Kantone mit dem (ebenfalls katholischen) Süddeutschland verbinden soll. Die Toggenburger erhalten Unterstützung von Bern und Luzern und besiegen die Katholiken.

Mit dem anschliessenden Friedensvertrag (Vierter Landfrieden) wird das Machtverhältnis zwischen katholischen und reformierten Kantonen aus dem Zweiten Kappeler Landfrieden von 1531 so geändert, dass die katholischen Kantone keine Vormachtstellung mehr in der Eidgenossenschaft haben.

Obwohl die Eidgenossen sich am Dreissigjährigen Krieg nicht beteiligt haben, gehören sie schliesslich zu den grössten Nutzniessern des anschliessenden Westfälischen Friedens 1648. Dies ist nicht zuletzt das Verdienst des Basler Bürgermeisters Johann Rudolf Wettstein (1594-1666). Während eines Jahres handelte er in Osnabrück und Münster mit den Vertretern der damaligen Grossmächte Frankreich und Schweden und mit dem Deutschen Kaiser für die Eidgenossenschaft eine von allen europäischen Mächten anerkannte Unabhängigkeit vom Deutschen Reich aus (Bild rechts).

Die Folgen des Dreissigjährigen Krieges

Der Dreissigjährige Krieg verändert Europa und seine Menschen nachhaltig. Noch nie zuvor hat es einen Krieg mit derartig weitreichenden Auswirkungen gegeben. Die Reichsfürsten gewinnen massiv an Macht, während der Kaiser seine praktisch verliert. Deutschland wird ein Flickenteppich von unabhängigen Fürstentümern, die nach aussen keine einheitliche Entwicklung mehr zulassen. Diese Zersplitterung der Kräfte macht, dass Deutschland in den kommenden 200 Jahren politisch in Europa kaum mehr eine Rolle spielt.

Obwohl nicht alle Teile Europas gleichermassen betroffen sind, leiden alle. Wer den Krieg überlebt hat, hat noch nicht die Seuchen und Hungersnöte überlebt, die sich anschliessen. Gut 50% der deutschen Bevölkerung (von geschätzten 18 Millionen) sterben im Krieg oder an dessen Folgen. Weite Teile des Deutschen Reiches sind zerstört, in vielen Gebieten können Felder nicht bebaut werden, weil die Bauern fehlen. Wo sie noch da sind, werden sie vom Adel zu unmenschlichen Abgaben gezwungen. Wer das nicht erbringen kann, verliert Freiheit und Land. Der wirtschaftliche Rückgang ist überall spürbar, auch in den Städten. Eine rasche wirtschaftliche Erholung ist nicht möglich, dazu ist zu viel zerstört und ausgeplündert. Die enormen Kriegsschulden führen zur Münzverschlechterung (der Edelmetallgehalt der Münzen sinkt und damit auch ihr internationaler Wert).

Schlimm ist weiter der Pessimismus, der nach dem Krieg um sich greift. Viele Gefolterte, Verstümmelte, Vergewaltigte … verstehen nicht, wie Menschen sich so etwas – und das im Namen des Glaubens - antun können. Für viele Menschen scheint das Weltenende nahe. Die Religion hat ihre verbindende und hoffnungsgebende Kraft weitgehend verloren. Aberglaube tritt an ihre Stelle. Einige beginnen die Hintergründe zu hinterfragen, die zur Trennung der Glaubensrichtungen geführt haben.

Der Barock befasst sich stark mit der Lebenslust einerseits und er Vergänglichkeit allen Lebens andererseits. Die Menschen sind in sich zerrissen. Wo sich die Religion behauptet, bekommt sie ein endzeitliches Gepräge, mit allen Ängsten, die damit verbunden sind. Vielen Menschen wenden aber auch der Religion, den Idealen und der Moral den Rücken zu. In ihren Augen machen Alkohol und Laster das sowieso bevorstehende, unabwendbare traurige Ende wenigstens erträglich. „Carpe diem“ (Nutze den Tag, bzw. Lebe den Moment).

Quellen (bearbeitet wk):
http://www.koni.onlinehome.de/
http://www.swissworld.org/de/


Aufgaben und Recherchen      
Die Reformation hat in Europa eine völlig neue Situation geschaffen. Welche?
Welches war die Schwierigkeit für die Gläubigen?
Was taten die Fürsten in dieser unsicheren religiös-politischen Situation?
Nenne die Parteien, die entstanden. Wer gehörte dazu?
Wieso stellte sich das katholische Frankreich auf die Seite der protestantischen Union? Erreicht Frankreich sein Ziel?
Was war der Grund für den Beginn des Dreissigjährigen Krieges?
Was war der Auslöser für den Dreissigjährigen Krieg (Beginn des Dreissigjährigen Krieges)?
Was waren die Folgen des Prager Fenstersturzes?
Nenne die vier Phasen des Krieges, der insgesamt (mit Unterbrüchen) 30 Jahre dauerte. Nach was werden die Phasen benannt? Wie lange dauerten die einzelnen Phasen?
Wer waren die massgebenden Feldherren auf kaiserlicher Seite?
Wie endeten die beiden mächtigen Strategen des Dreissigjährigen Krieges Gustav Adolf und Wallenstein?
Der Astrologe Wallensteins soll seinen Tod vorausgesagt haben. Wer was das?
Wallenstein verfügte über das grösste stehende Heer der damaligen Zeit. Wie gross war es?
Wie war die Verpflegung einer solchen Armee möglich?
Wieso stellte sich Gustav Adolf so entschlossen auf die Seite der deutschen Glaubensbrüder?
Wir haben ein literarisches Werk, das den Dreissigjährigen Krieg aus der Perspektive eines betroffenen Augenzeugen schildert. Wie heisst es? Wer ist der Autor?
Welche Rolle spielte die Schweiz im Dreissigjährigen Krieg? Bleibt sie vom Krieg verschont?
Wann und wie endete der Dreissigjährige Krieg?
Welche bedeutende Folge hatte der Friedensvertrag für die Schweiz? Wer war Vermittler?
Wie hatte die Schweiz ihre Religionsstreitigkeiten gelöst?
Insgesamt gab es in der Schweiz vier Religionskriege. Führe sie mit den Jahreszahlen auf!
Welches sind die grossen Gewinner des Westfälischen Friedens?
Wer sind die Grossen Verlierer des Dreissigjährigen Krieges?
Wie ist die wirtschaftliche Situation nach dem Krieg und wie empfinden das die Menschen? Schildere kurz!
Welche Kunstepoche gibt das Lebensgefühl der Zeit des Dreissigjährigen Krieges wieder?
Zentrale Begriffe dieser Zeit sind neben dem „Carpe diem“ auch „Vanitas“ und „Memento mori“ Was bedeuten diese Begriffe und was wollen sie den Menschen sagen?
Untenstehendes Gedicht eines zeitgenössischen Dichters umschreibt die „Vanitas“-Idee. Kläre die Wörter, die dir auf den ersten Blick nicht verständlich sind. Fasse den Inhalt in 2-3 Sätzen zusammen.

„Du sihst / wohin du sihst, nur eitelkeit auff erden.
Was dieser heute bawt / reist jener morgen ein:
Wo itzund städte stehn / wird eine wiesen sein,
Auff der ein schäffers kind wird spilen mitt den heerden.

Was itzund prächtig blüht sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen asch und bein.
Nichts ist das ewig sey / kein ertz kein marmorstein.
Itzt lacht das Gluck vns an / bald donnern die beschwerden.

Der hohen thaten ruhm mus wie ein traum vergehn.
Sol denn das spiell der zeitt / der leichte mensch bestehn.
Ach! was ist alles dis was wir für köstlich achten,

Als schlechte nichtikeitt / als schaten, staub vnd windt.
Als eine wiesen blum / die man nicht wiederfindt.
Noch wil was ewig ist kein einig mensch betrachten.“

Andreas Gryphius: Es ist alles eitell. (1643)

Nebenstehend ist ein „Memento mori“-Motiv. Was drückt es aus?

                                                                

Barocke Kirche (Kloster St. Gallen )



Zusatztext:

Johannes Keplers Horoskop für Wallenstein aus dem Jahre 1608

Das Horoskop (links) für den berühmten Feldherrn Wallenstein (1583 - 1634), eine der schillernsten Figuren der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, ist in der zu dieser Zeit üblichen rechteckigen Form dargestellt.

Ein Ausschnitt aus der Handschrift der Deutung (rechts) . Die Randbemerkungen stammen von Wallenstein.

In Wikipedia heißt es dazu:
"Das Horoskop charakterisiert Wallenstein als einen Menschen mit großem Ehrgeiz und Machtstreben. Gefährliche Feinde würden ihm erscheinen, er werde jedoch meist siegen. Sein Leben sei zwischen dem elften und dreizehnten Lebensjahr sehr unruhig gewesen, danach sei es aber wesentlich ruhiger verlaufen. Für das einundzwanzigste Lebensjahr beschrieb Kepler eine gefährliche Krankheit, für das dreiunddreißigste eine stattliche Heirat mit einer nicht allzu schönen Frau, die jedoch reich an Herrschaften, Gebäuden und Vieh sei. Zum Schluss sagte er weniger angenehme Dinge voraus. Die ungünstige Stellung von Saturn und Jupiter würde bewirken, dass Wallenstein ein besonderer Aberglaube nachgesagt werde und er zum Rädelsführer einer maleconten, also unzufriedenen, Rotte werden würde.

Wallenstein war stark beeindruckt, insbesondere von der Ankündigung der Heirat, die allerdings sieben Jahre früher stattfand. Den besonderen Eindruck belegen auch die zahlreichen Randnotizen, mit denen er jahrelang akribisch die Vorhersagen mit den realen Ereignissen verglich. Als das erste Horoskop 1625 endete, ließ Wallenstein Kepler in Linz um eine Fortsetzung ersuchen. Die neue Prophezeiung enthielt eine ernsthafte, wenn auch nicht näher ausgeführte Warnung für den Beginn des Jahres 1634."



 
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