
1803 ist die Helvetische Republik nach nur 5 Jahren ihres Bestehens (seit 1798) am Ende. Die "Föderalisten", die die alten Zustände bewahren wollen, haben sich vorerst gegen die "Unitarier" (Vereinigung der gemässigten Republikaner und der radikalen Patrioten), die einen zentralistischen Einheitsstaat wollen, durchgesetzt. Trotzdem gibt es einige Fortschritte: die Leibeigenschaft und die Untertanengebiete werden abgeschafft, es gibt jetzt Rechtsgleichheit vor dem Gesetz für alle Bürger, ein Strafgesetzbuch nach dem Vorbild des "Code Penal" löst die überholten mittelalterlichen Rechtsvorschriften ab. Die Folter ist nicht mehr zugelassen. Der Zunftzwang wird abgeschafft und die Handels- und Gewerbefreiheit eingeführt. Eine verbesserte Volksschulbildung für eine funktionierende Demokratie ist geplant, wird aber erst im 19. Jahrhundert umgesetzt. Auch die Vereinheitlichung des Münzwesens, der Post, des Zolls und der Masse muss noch warten.
Gründe für das Scheitern der Helvetik gibt es einige:
- Eine zentralistische Schweiz hat keine Tradition und wird deshalb in der Bevölkerung nicht akzeptiert.
- Die Innerschweiz kämpft nach wie vor vehement gegen das ihr aufgezwungene, fremde System.
- Die Untertanengebiete wollen zwar Gleichberechtigung, aber kein ihnen fremdes politisches System.
- Vor allem die Landbevölkerung macht schlechte Erfahrungen mit der verhassten französischen Besatzung.
- Freiheit bedeutet nicht, dass man tun und lassen kann, was man will. Besonders was die Steuern anbelangt, haben die Väter der Helvetischen Republik zu wenig überlegt, auf welche finanzielle Basis sie den neuen Staat stellen wollen. Ohne Steuern kann aber kein Staat bestehen (Die Anschaffung des Zehnten (Steuer) muss rückgängig gemacht werden).

So gleitet die Schweiz mehr und mehr in politische Wirren ab. Alleine 1800 - 1802 werden vier Staatsstreiche versucht. Als Napoleon 1802 die französischen Truppen aus der Schweiz abzieht, sehen die Föderalisten ihre Stunde für gekommen. Vertreter der Alten Ordnung, die vor den Franzosen geflohen sind, kehren aus dem Exil zurück. Sie zetteln mit behelfsmässigen Waffen ausgerüsteten Bauern einen Bürgerkrieg gegen die helvetischen Truppen an („Stecklikrieg“). Angesichts der destabilisierten Lage spricht Napoleon ein Machtwort. Er zitiert Vertreter der alten wie der neuen Ord¬nung nach Paris und setzt mit ihnen einen Vermittlungsvertrag (Mediationsakte) auf. Im Herbst 1802 kommen erneut französische Truppen in die Schweiz und sorgen für Ordnung. Napoleon hat eingesehen, dass die Eidgenossenschaft noch nicht reif für die Einheit ist. Sie wird wieder ein föderalistischer Staatenbund („Kleine Restauration“). Die Kantone verwalten sich wieder weitgehend selbst. Die Tagsatzung wird wieder eingeführt. Nur die Aussenpolitik untersteht dem Bund. Alle Bürger sind und bleiben ausdrücklich politisch und rechtlich gleichgestellt, es gibt keine Untertanengebiete mehr. Neben den 13 Orten von 1513 gibt es neu die gleichberechtigten Kantone St. Gallen, Graubünden, Aargau, Thurgau, Tessin und die Waadt. Noch nicht zur Schweiz gehören Genf, Neuenburg, der Jura und das Wallis. 1804 wird der napoleonische "Code Civil" zum verbindlichen Rechtsgrundsatz.

Auch wenn sich Napoleon als "Vermittler zum Wohle der Schweiz" sieht, die "Mediation" ist ein Diktat (!) Napoleons, gemässigt zwar und auf Kompromiss zwischen den verschiedenen Interessen bedacht, aber ganz klar gefordert. Und umsonst bekommt die Schweiz die Mediation nicht. Napoleon zwingt die Schweiz, 16'000 Soldaten für seine Armee zu stellen und sich an den Kosten seiner Kriege zu beteiligen. Von 9'000 Schweizer Soldaten im Russlandfeldzug (1812) kehren nur wenige zurück (Beresinalied).
Auch wird die Schweiz gezwungen, sich der Kontinentalsperre gegen England anzuschliessen (1806). Das fördert aber in der frühen Zeit der Industrialisierung das Aufkommen der Textilindustrie, die für die Schweiz noch grosse Bedeutung erlangen wird.
Aufgaben und Recherchen
Nenne konkrete Fortschritte, die die Helvetische Republik(1798 – 1803) in der Schweiz bringt?
Nenne Gründe, warum der Einheitsstaat trotz aller dieser positiven Veränderungen keinen Bestand hat!
Was stellt nebenstehende zeitgenössische Karikatur dar?Welche Kreise tun sich traditionell mit Neuerungen besonders schwer? Warum wohl?
Aus der Geschichte der Schweiz gesehen gibt es einen weiteren wesentlichen Grund, warum die Helvetik keinen Bestand haben kann. Welcher? (Es ist die Zeit, wo auch der Mythos „Tell“ zu neuem Leben erwacht! (siehe Bild unten))
Rufe dir nochmals die Gründe, Zeitpunkt und den Verlauf des Russlandfeldzugs Napoleons in Erinnerung! Inwieweit ist die Schweiz davon betroffen, welchen „Nachhall“ hat das Ereignis?
Welche Schlacht besiegelt den Niedergang Napoleons? Welches sind die Folgen?
Welche Schlacht besiegelt den endgültigen Untergang Napoleons? Welches sind die Folgen?
Der Wiener Kongress erlaubt der Schweiz weitgehende Eigenständigkeit. Zu welchen Bedingungen?
Was verliert die Schweiz, was gewinnt sie?