
Die Restauration stellt die alten Verhältnisse in Europa mehr oder weniger wieder her. Eine Ausnahme ist das "Heilige Römische Reich Deutscher Nation", an dessen Stelle der "Deutsche Bund" unter dem Vorsitz Österreichs tritt. Aus den ehemals gut 300 souveränen Einzelherrschaften wird ein Bund von 35 Fürsten und 4 freien Reichsstädten. Ein einheitlicheres Gebilde hätten die übrigen Staaten Europas als zu mächtig empfunden. Politisches Organ dieses neuen Bundes ist der Bundestag in Frankfurt, wo sich die Gesandten des Staatenbundes treffen. Dieser Bundestag hat aber keine Entscheidungsbefugnis, die liegt weierhin al¬lein bei den Fürsten. Weder was Gesetze betrifft, noch was Währung oder Zollschranken anbelangt gibt es eine Einigung. Viele Deutsche, die nach dem gemeinsamen Kampf gegen Napoleon auf eine nationale Einigung gehofft haben, sind schwer enttäuscht. Die meisten ziehen sich aus dem politischen Leben zurück. Es ist die Zeit des Biedermeier und der deutschen Romantik. Die Menschen ziehen es vor, in ihrer eigenen beschaulichen Umgebung zu leben, sich dem Schönen hinzugeben, was das Leben zu bieten hat zu geniessen und einen romantisierenden Blick auf die Vergangenheit zu werfen. Alte Sagen verherrlichen den deutschen Heldenmut und die Gebrüder Grimm sammeln Volksmärchen.

Aber es gärt auch in Deutschland. Vor allem die jungen Studenten und die Gebildeten erwarten mehr von dieser "neuen Zeit". Für sie haben die Fürsten zu viel, das Volk zu wenig Macht. Sie sind die Keimzelle der „Regeneration“ (Gegenbewegung zur Restauration). 1816 gründen Studenten die "Deutschen Bur¬schenschaften" und wählen für ihre Fahne die Farben Schwarz-Rot-Gold. Ihre Vertreter fordern 1817 auf der Wartburg Freiheit für Deutschland und feiern den vierten Jahrestag der Völkerschlacht von Leipzig. Doch die Fürsten setzen sich mit Gewalt durch. 1819 wird In den Karlsbader Beschlüssen des Bundestages beschlossen, dass Studenten und Professoren fortan überwacht werden sollen. Es wird eine Pressezensur verhängt und die Burschenschaften werden verboten. In Deutschland macht sich die Angst vor Bespitzelung und Verfolgung breit, aber unterdrücken lässt sich die revolutionäre Stimmung auf Dauer nicht. Im Blick auf das, was später folgen wird, nennt man diese Zeit auch "Vormärz" (vergl. 48er-Revolutionen).
1832 bricht die aktuelle politische Stimmung im Hambacher Fest wieder durch. Rund 30'000 Menschen verlangen in einer politischen Veranstaltung nationale Einheit, Freiheit und soziale Gerechtigkeit. Die Reaktion der Regierung ist massiv. Hunderte von Personen verschwinden in Gefängnissen, andere fliehen in die Schweiz und nach Frankreich. Die Zensur wird verstärkt, die Rede- und Versammlungsfreiheit aufgehoben und die politischen Vereine werden verboten. Trotzdem verfasst der Dichter Georg Büchner den "Hessischen Landboten", in dem er zu "Frieden in den Hütten und Krieg den Palästen" aufruft.

Auf dem Land herrscht weiterhin bittere Armut. Viele Bauern müssen ihr Land verkaufen. Zwischenzeitlich hat die „Industrielle Revolution“ (eigenes Kapitel) eingesetzt. Die Allmenden (Gemeindeland), die letzte Hoffnung für verarmte Bauern, gehen in die Hände von Fabrikanten und Spekulanten über. Immer mehr Bauern werden lohnabhängig. Das hohe Angebot An Arbeitskräften lässt die Löhne sinken. Oft muss die ganze Familie mitarbeiten, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die Aufhebung des Zunftzwanges bringt keine Besserung für die Handwerker. Mehr und mehr graben sie sich gegenseitig das Wasser ab. Bei Missernten steigen die Lebensmittelpreise ins Unermessliche. Das Aufkommen von Maschinen in der Textilindustrie drückt die Preise für Heimarbeit. In Schlesien erheben sich die Weber und stürmen die Häuser der Fabrikanten (Bild rechts von Käthe Kollwitz). Obwohl die verzweifelten Arbeiter auf weitere Gewalt verzichten, wird ihr Aufstand von preussischen Truppen blutig niedergeschlagen. Der Vorfall macht allen klar: Die konservative Regierung ist nicht gewillt, sich um die Nöte des Volkes zu kümmern.
In Frankreich versucht der französische König Karl X., der zweite Bourbone (nach Ludwig XVIII.) seit der Restauration, wieder absolutistische Gewalt zu erlangen. In Paris kommt es zur Revolution von 1830. Die königlichen Truppen werden geschlagen, Karl muss abdanken. An seine Stelle tritt Louis Philippe von Orleans, der "Bürgerkönig". Er ist der letzte französische König, der den Königstitel trägt. Unter ihm kommt es in Frankreich zu einem industriellen Aufschwung sondergleichen, die sozialen Probleme bleiben aber ungelöst. Wie schon Ende des 18. Jahrhunderts wirkt die Revolution von 1848 europaweit als Signal. Die Deutschen schöpfen neue Hoffnung. Das Hambacher Fest ist direkter Ausdruck dafür, aber noch ist die Zeit nicht reif. Die Fürsten sitzen (noch) am längeren Hebel.
Aufgaben und Recherchen
Was bedeutet der Begriff „Restauration“ genau?
Was sind die Folgen der Restauration?
Warum findet Deutschland nicht zur Einheit (einem deutschen Staat)?
Was drängt das Volk zu mehr nationaler Einheit? Wieso ist das Volk nicht mehr zufrieden mit dem Zustand?
Wie nennt man die Zeit nach Napoleon (und der Revolution) kulturgeschichtlich? Wodurch ist das Denken dieser Zeit geprägt?
Was ist eine Burschenschaft, welche Bedeutung hat sie im 19. Jahrhundert?
Was beinhalten die „Karlsbacher Beschlüsse“?
Wie bezeichnet man diese frühen nationalen Erhebungen? Was geschieht mit den Burschenschaften? Was überlebt letztlich von ihnen bis auf den heutigen Tag?
Wie ist die Situation der Bauern?
Wie ist die Situation der Heimarbeiter?
Wieso kommt es in Paris 1830 wieder zur Revolution? Wer ist dort an der Macht? Wie geht die Sache aus?