DER ERSTE WELTKRIEG GS 4 - 1602
Der Kriegsverlauf im Westen und im Osten
Die deutschen Truppen dringen über Belgien bis zur Marne vor und bedrohen Paris. Die vom Schlieffen-Plan vorgesehene Umgehung von Paris im Süden findet aber nicht statt. Grund für diese Unterlassung dürfte gewesen sein, dass der deutsche Generalstab die Anzahl der Soldaten für eine solche grosse Zangenbewegung als nicht ausreichend erachtet hat. Eine französische Gegenoffensive sprengt die deutsche Front in einer Breite von 40 km auf. Der deutsche Generalstabschef Helmut von Moltke gibt am 10. September 1914 - in Verkennung der Lage - den Rückzugsbefehl hinter die Aisne („Marnewunder“). Damit ist der Schlieffenplan gescheitert, der schnelle Sieg an der Westfront eine Illusion.

In den folgenden drei Monaten versuchen englische und französische Truppen den Durchbruch in Nordwestfrankreich. Sie scheitern. Andererseits gelingt es der deutschen Armee nicht, die Kanalküste Frankreichs zu besetzen. Der Kriegsfluss kommt ins Stocken und wird zu einem Jahre dauernden mörderischen Stellungskrieg ("Im Westen nichts Neues."), der beide Seiten Hunderttausende von Toten kostet und die Frontlinie bis 1918 nicht mehr wesentlich verändert.

Im April 1915 versuchen die Deutschen in Flandern bei Ypern einen Durchbruch zu erzwingen. Die Alliierten hoffen, mit einem massiven Materialeinsatz den Stellungskrieg wieder in Bewegung zu bringen. Die Deutschen setzen bei ihrer Offensive - entgegen dem geltenden Kriegs- und Völkerrecht - erstmals Giftgas ein. Wild freigesetztes Chlorgas reibt zu den feindlichen Linien hinüber. Wirkungsvolle Schutzmassnahmen gegen Giftgas gibt es auf beiden Seiten nicht. Die Schutzmasken erweisen sich als weitgehend wirkungslos. Beim ersten Angriff mit Chlorgas am 22. April 1915 auf eine britische Stellung sind die alliierten Verluste mit über 10'000 Gasvergifteten besonders hoch. Durch den Überraschungseffekt bietet sich den
deutschen Truppen nach dem Verziehen der Giftschwaden die Möglichkeit zum Angriff auf die alliierten Schützengräben. Der strategische Durchbruch gelingt den Deutschen aber nicht. Die nötigen Reserven zum weiteren Vormarsch fehlen. So gelingt lediglich eine Frontbegradigung, während die Stadt Ypern von der Entente gehalten wird. Die Verluste der Deutschen belaufen sich am Ende der Offensive nach einem Monat auf ca. 35'000 Mann, auf alliierter Seite liegt die Zahl etwa doppelt so hoch. Beide Seiten setzen nach der Ypern-Offensive vermehrt Giftgas ein. An die Stelle des umständlichen und gefährlichen Versprühens des Gases aus Stahlflaschen (das Gas richtet sich bei Wechsel der Windrichtung u. U. gegen die eigenen Leute) werden bald Gasminen und Gasgranaten verschossen. Besonders perfid sind die Reizgase, die die Maskenfilter durchdringen und zur Abnahme der Schutzmaske zwingen, wonach ein zweiter Kampfstoff zum Einsatz kommt, der zum Erstickungstod bei vollem Bewusstsein führt.

1916 versucht die deutsche Heeresleitung unter General Falkenhayn, die Front bei Verdun aufzubrechen. Der Plan misslingt, 800'000 Tote sind die Bilanz. Die "Hölle von Verdun" offenbart in aller Deutlichkeit das schreckliche Gesicht des modernen Krieges. Hier noch von "Heldentod" zu sprechen ist blanker Zynismus. Der an der Somme unter hohem Materialeinsatz geführte französisch-englische Angriff scheitert ebenfalls. Diese Schlacht ist die verlustreichste des Ersten Weltkriegs und kostet in 4 ½ Monaten einer Million Soldaten das Leben. Im August 1916 treten Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg (1847-1934) und Generalleutnant Erich von Ludendorff (1865-1937) an die Spitze der Obersten Heeresleitung der deutschen Armee.
Auch das Jahr 1917 bringt keine Entscheidung im Westen. Es kommt zu Meutereien im französischen Heer. General Petain übernimmt den Oberbefehl und stellt die militärische Ordnung wieder her. Die Deutschen ziehen sich auf eine neue Defensivlinie ("Siegfriedstellung") zurück um die Frontlinie zu verkürzen und führen den blutigen Stellungskriegs weiter. In der Frühjahresoffensive von 1918 (siehe "Russland"), nach der Verschiebung der Soldaten der Ostfront an die Westfront, sieht General Ludendorff, dass Deutschland weder die Leute noch die Mittel hat, weiter gegen Paris und die Alliierten vorzugehen. Als im November 1918 die Siegfriedlinie durchbrochen wird, ist der Obersten Heeresleitung klar, dass der Krieg verloren ist. Nur ein Waffenstillstand kann noch Schlimmeres verhindern.

Auch im Osten versagt 1914 der Schlieffen-Plan. Viel schneller als erwartet dringt das russische Heer in Ostpreussen und Galizien ein. In der "Schlacht von Tannenberg" werden zwar die russischen Truppen durch General Hindenburg und Generalmajor Ludendorff (Bild links) besiegt und im Winter 1914/15 zum Rückzug gezwungen. Die russische Armee stösst darauf über Galizien bis an die Karpaten vor. 1915 wird ein Durchbruch der Russen nach Ungarn abgewehrt und die Gegenoffensive deutsch-österreichischer Truppen führt zum Rückzug der russischen Armee. Galizien wird zurückerobert. Doch im Juli 1915 erstarrt eine Grossoffensive gegen Russland von der Ostsee bis zu den Karpaten ebenfalls in einem Stellungskrieg auf der Linie Riga-Czernowitz. Dieser Frontverlauf bleibt bis 1917 unverändert. Der Krieg ist an der Ostfront wie an der Westfront zum Stehen gekommen!
Aufgaben und Recherchen
Der Schlieffen-Plan hat zwei „wunde Punkte“. Welche sind das?
Die Marne ist ein Zufluss welchen Flusses?
Was ist das „Marnewunder“ und was hätte das Ausbleiben dieses „Wunders“ für Folgen gehabt?
Was sind die Folgen des verpatzten Schlieffen-Plans?
In dieser Kriegsphase zeigt sich schon, dass dieser Krieg mit keinem der früheren Kriege zu vergleichen ist. Welcher Name (einer Stadt) und welche zwei Ereignisse stehen für das Kriegsjahr 1915?
Was versteht man unter der „Hölle von Verdun“?
Eine weitere Schlacht wird zur verlustreichsten des 1. Weltkriegs. Wo und wann? Wieviele Tote?
Seit 1915 prägt ein Slogan die Nachrichten über das Kriegsgeschehen. Wie heisst er und was meint er?
Wie heisst die neue Verteidigungslinie 1917/18 und welchen Zweck verfolgt sie?
Wie sieht es an der Ostfront aus? Wie heisst die einzige erfolgreiche Schlacht und wer führt sie?