GS 4 - 1607 Die Schweiz im 1. Weltkrieg - Homepage Werner Keller 2016

Suchen
Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

GS 4 - 1607 Die Schweiz im 1. Weltkrieg

GESCHICHTE > Erster Weltkrieg


DER ERSTE WELTKRIEG   GS 4 - 1607

Die Schweiz im 1. Weltkrieg

Es ist sicher nicht die Neutralität, die der Schweiz den Krieg erspart. Das ebenfalls neutrale Belgien hat das Pech, auf der Einmarschroute nach Frankreich zu liegen und über kriegswichtige Rohstoffe (Kohle) zu verfügen.

Dass die Schweiz sich aus dem Ersten Weltkrieg heraushalten kann, hat mehrere Gründe:

• In der Schweiz gibt es keine direkten Kriegsziele.
• Die Schweiz besitzt keine für die Kriegswirtschaft nutzbaren Rohstoffe.
• Als Durchgangsland ist die Schweiz in diesem Krieg nicht von Interesse.
• Die Geografie der Schweiz ist schwierig (Berge, die neuen Gotthardfestungen (Reduit), Sperren im Rhonetal)
• Die "Kaisermonöver" von 1912 überzeugen die Deutschen, dass von der Schweiz aus kein Flankeneinfall der Franzosen zu befürchten ist.

Trotzdem leidet das hoch industrialisierte Binnenland wirtschaftlich unter dem Krieg: Durch Verhandlungen mit den Kriegsparteien wird eine minimale Versorgung mit Rohstoffen sichergestellt. Die Abhängigkeit von importierter Kohle führt während und nach dem Krieg zu einem Ausbau der Elektrizitätserzeugung aus einheimischer Wasserkraft. Die Vorreiterrolle bei der Elektrifizierung der Eisenbahnen ist grossteils durch den Ersten Weltkrieg bedingt.

Während des Krieges bewähren sich die humanitären Dienste des Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK). Besonders gefragt ist die Zentralauskunftsstelle für Flüchtlinge. Dies wird auch international durch die Verleihung des Friedensnobelpreises 1917 anerkannt. Auf Anregung des Bundesrates werden mit Deutschland, Frankreich, Grossbritannien, Österreich-Ungarn, und Belgien Abkommen geschlossen, die von 1916 bis zum Kriegsende 68'000 verwundeten und kranken Soldaten beider Seiten eine Erholung in der Schweiz ermöglichen.

Der Erste Weltkrieg führt in  der Schweiz zu einer inneren Zerreissprobe. Bei der Wahl von General Ulrich Wille, dessen Sympathien für Deutschland kein Geheimnis sind, fühlen sich die Westschweizer brüskiert. Der innere Konflikt verschärfte sich nach dem Einmarsch der Deutschen in Belgien. Der eintönige Militärdienst in Wartestellung an den Grenzen drückt auf die Moral der Milizsoldaten.

Die Nahrungsmittel- und Energieversorgung der Schweiz hängt zu 40% von Importen ab. Der Krieg führt zu einer starken Teuerung (Lebensmittelrationierung seit 1917). Jeder Soldat leistet im Durchschnitt 500 Diensttage. Er erhält in dieser Zeit weder Lohn noch Verdienstausfallentschädigung. Die ärmere Bevölkerung leidet Not.

1916 kommt es zu Demonstrationen und Krawallen. Teile der Armee werden gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt. Im Juni 1917 distanziert sich die Sozialdemokratische Partei von der Landesverteidigung und die linke Presse beginnt, die Armee zu kritisieren. Sogar General Wille muss zugeben, dass die Missstimmung gegen die Armee und den Aktivdienst z.T. berechtigt sind (wirtschaftliche Einbussen, Unzulänglichkeiten der Armee).

Die russische Oktoberrevolution löst 1917 grössere Krawalle in Zürich aus, bei denen vier Personen getötet und 28 verletzt werden. Eine ernsthafte Bedrohung der Demokratie entsteht daraus jedoch nicht. Die französische Besetzung der Schweiz und die bösen Erfahrungen mit den Freischarenzügen und dem Sonderbund sind noch zu gegenwärtig. Die Schweiz des frühen 20. Jahrhunderts hat keine Lust auf revolutionäre Veränderungen.

Im Juni 1918 lebt 1/6 der Bevölkerung unter dem Existenzminimum. Die Bürgerlichen blocken notwendige Reformen ab. Soziale Problem bleiben ungelöst. Bei Kriegsende ruft das Oltener Komitee der Gewerkschaften  einen landesweiten Generalstreik aus. Bundesrat und Parlament bleiben hart und ordnen einen massiven Armeeeinsatz an. Die Streikleitung muss nach drei Tagen kapitulieren. Im Sommer 1919 kommt es zu weiteren Unruhen in Zürich und Basel. Neben der Armee kommen auch Bürgerwehren zum Einsatz. Ein grosser Graben öffnet sich zwischen Arbeiterschaft und Bürgertum. Der Generalstreik scheint gescheitert. Doch in den folgenden Jahrzehnten werden Schritt für Schritt alle Forderung des Oltener Komitees auf demokratischem Weg verwirklicht.

1919 wird das Majorz- auf das Proporzwahlrecht umgestellt. Die bürgerlichen Freisinnigen halten seit 1848 die Mehrheit im Nationalratssitze. Bei den Proporzwahlen 1919 bleiben die Freisinnigen zwar stärkste Fraktion, verlieren aber ihre Mehrheitsstellung deutlich. Damit gewinnen auch kleinere Parteien Einfluss in der Politik.  

1918-19 wütet die schlimmste je bekannt gewordene Grippeepidemie ("Spanische Grippe"). Sie fordert weltweit in 18 Monaten schätzungsweise 50 Millionen Todesopfer und geht auf ein mutiertes Vogelgrippevirus (H1N1) zurück. Die grosse Ausbreitung der Grippe liegt zumindest teilweise am Krieg (Verschleppung der Erreger aus den USA nach Europa durch US-Soldaten, Mangelernährung und katastrophale hygienische Verhältnisse). Auch in der Schweiz erkrankt mehr als die Hälfte der Bevölkerung, die zivilen Spitäler sind ebenso überfordert wie der militärische Sanitätsdienst, zeitweise bricht Panik aus, 1918 sind 20'000 Tote zwischen 20 und 49 Jahren zu beklagen, 1919 und 1920 sind es nochmals je knapp 4'000.  


Aufgaben und Recherchen
Umschreibe die generelle Situation der Schweiz im Ersten Weltkrieg!
Nenne mindestens drei gewichtige Gründe, warum die Schweiz von Krieg verschont bleibt.
Wer war Ulrich Wille? Suche dir ein paar relevante biografische Daten zusammen! Wie ist er aus historischer Sicht heute zu werten (Positive und eher fragliche Aspekte seiner Ernennung zum Schweizer General)?
Welchen positiven, bis heute anhaltenden Effekt hat die Rohstoffknappheit der Schweiz?
Wann ist der Landesstreik, was ist er, warum kommt es dazu und wie verläuft er?
Wer organisiert den Landesstreik?
Wieso ist der Landesstreik für die Schweizer Geschichte wichtig und was sind seine Folgen?
Welches war die bedeutsamste Forderung des Oltener Komitees, die bereits 1919 verwirklicht wurde? Wieso war die Erfüllung dieser Forderung wichtig?
Nenne drei weitere wichtige Forderungen des Oltener Komitees und das Jahr, wann sie eingeführt wurden!
Unter welchem Namen wurde die Grippewelle von 1918/199 bekannt? Welchen Stellenwert nimmt sie in der Geschichte der pandemischen Erkrankungen ein? Was versteht man unter Pandemie? Wie kam diese Grippe nach Europa, wie viele Opfer forderte sie; ist es wahr, dass nur alte, schwache Menschen davon betroffen wurden?





 
Copyright 2015. All rights reserved.
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü