Die Weimarer Republik in Deutschland
Die Weimarer Republik ist der erste demokratische Rechtsstaat auf deutschem Boden. Er existiert 1919 - 1933, bis die Nationalsozialisten die Macht an sich reissen. Schon die Wahl der Nationalversammlung steht unter einem unglücklichen Stern. Im Deutschland nach dem 1.Weltkrieg sind sich die meisten Leute einig: Der Kaiser muss weg. Was soll aber folgen? Kommunisten kämpfen gegen Bürgerliche. Ganz rechts stehen noch die unverbesserlichen Monarchisten und Nationalisten. Es kommt zu Gewalttaten. Die Militärs (heimkehrende Frontkämpfer) bilden einen unberechenbaren Staat im Staat. Die Wahlen müssen unter Militärschutz abgehalten werden, die Eröffnung der Nationalversammlung wird wegen der Unruhen von Berlin nach Weimar verlegt. Trotz dieser ungünstigen Bedingungen beteiligen sich 83% der Wahlberechtigten an der Abstimmung und erstmals in der deutschen Geschichte nehmen auch Frauen an den Wahlen teil.

Friedrich Ebert wird der erste Reichspräsident und Philipp Scheidemann der erste Reichskanzler (Bilder links). Unter ihm bildet sich im Februar eine Koalitionsregierung. Der erste Artikel der neuen Verfassung hält fest, die Regierung solle eine Volksregierung sein (die Ansichten des Volkes sollen sich auch im Parlament widerspiegeln!). Das Proporzwahlrecht erlaubt kleinen radikalen, selbst republikfeindlichen Parteien von rechts und von links im Parlament vertreten zu sein. Zeitweise ist es für die Regierung praktisch unmöglich, eine beschlussfähige Mehrheit zu finden. Immer wieder wird so die Regierungsarbeit blockiert. Die darauf folgenden wiederholten Aufrufe zu Neuwahlen erschüttern das Vertrauen der Bürger in die Regierung zutiefst.
Und Arbeit hat die Regierung wahrlich genug. Sie beschäftigt sich mit:
1) der Ausarbeitung einer Verfassung (diese tritt am 14. August 1919 in Kraft)
2) dem Aufbau und der Festigung der jungen Republik gegen innere und äussere Widerstände
3) der Unterstützung von Kriegsopfern (Kriegsinvalide, Witwen, Waisen...)
4) der Umsetzung der Friedensbedingungen der Alliierten (u.a. Wirtschaftsgüter und Geld bereitstellen)
5) dem Beschaffen von Ersatz für die den Alliierten zwangsausgehändigten Güter

Besonders die Reparationsforderungen in der Höhe von mehreren Milliarden Dollar (die endgültige Höhe des Betrags wird 1921 auf 132 Milliarden Goldmark oder 32 Milliarden Dollar festgelegt) und die Beschränkung des Militärs auf 100‘000 Mann Berufssoldaten ohne schwere Bewaffnung wecken im Volk Empörung. Revisionisten (Leute, die den Vertrag neu verhandeln wollen) fordern die Neuverhandlung der Verträge. Das Militär drängt auf Wiederaufnahme der Kriegshandlungen, es muss sich aber belehren lassen, dass dazu sowohl die Truppen wie die Munition fehlen. Viele Deutsche sind sich noch nicht im Klaren, dass tatsächlich sie den Krieg begonnen und verloren haben. Die „Dolchstosslegende“ macht die Runde: Die im Feld unbesiegbare deutsche Armee sei nicht im Feld besiegt worden, sondern durch den „inneren Feind“ (Revolutionäre wie die Kommunisten, Sozialisten, Pazifisten, Kritiker…), die die Armee hinterrücks „erdolcht“ hätten. Damit kann die Jagd auf die „inneren Feinde“, oder wer dafür gehalten wird, eröffnet werden.
Der Staat traut sich nicht, Reparationszahlungen über Steuern zu finanzieren. So muss er Anleihen (Kredite) in beträchtlicher Höhe aufnehmen, die natürlich verzinst werden müssen. Die Staatsschulden steigen zwischen 1919 und 1923 ins Unermessliche. 1914 ist der Wechselkurs zum Dollar 4,2 : 1, 1919 8,9 : 1, 1923 25 Mia. : 1. Die Regierung versucht die Krise zu dämpfen, indem sie mehr Geld in Umlauf bringt. Das heizt aber die Inflation weiter an. Schliesslich ist die Lage so prekär, dass die staatlichen Gelddruckmaschinen mit dem Wertzerfall der Mark nicht mehr Schritt halten können. Arbeiter bekommen am Mittag ihren Lohn ausbezahlt und eine Stunde frei um einkaufen zu können, weil am Abend das Geld nur noch halb so viel wert ist. Spekulanten (z. B. Exportunternehmen, die ihre Einnahmen in Dollar und ihre Ausgaben in Mark tätigen, verdienen sich eine goldene Nase. Skrupellose Kredithaie zahlen ihre Schulden mit wertlos gewordenem Geld zurück. Opfer sind vor allem die kleinen Sparer. Im Herbst 1923 zieht die Regierung die Notbremse. Die Mark wir ausser Kurs gesetzt und die Rentenmark (später Reichsmark) eingeführt. Für 1 Billion Mark zahlt die Reichsbank 1 Rentenmark. Ein Dollar ist wieder 4,20 Rentenmark (wie vor der Inflation), der kleine Sparer hat alles verloren. Das ist der Boden, auf dem künftig nationalsozialistisches Gedankengut gedeihen wird. Und die Krise ist noch alles andere als ausgestanden!
Aufgaben und Recherchen
Erkläre die Bedeutung der Karikatur zur Dolchstosslegende! Was ist im Detail dargestellt?
Was bedeutet „Revisionismus“?
Kommentiere nebenstehendes Bild!
Trage Stichwortartig zusammen, was du über die Weimarer Republik weisst!
Was ist die grundlegende Schwäche der Weimarer Regierung und was ist die Folge davon?
Nenne die drei wesentlichsten Aufgaben der ersten Weimarer Regierung!
Welchen gravierenden Fehler macht der junge Staat und was sind die Folgen davon? Denke auch etwas weiter als der vorgegebene Text und stell dir vor, du wärest Bürger/in in diesem Staat.
Erkläre den Mechanismus einer Inflationskrise, die Lösung und die Folgen dieser Lösung!