DER ZWEITE WELTKRIEG GS 4 - 1811c
Zusatzthemen - Der Widerstand im Innern III
Claus Schenk von Stauffenberg

Claus Schenk Graf von Stauffenberg ist Generalstabsoffizier und lange Zeit mit den Ideen der Nationalsozialisten konform. Bei einem Tieffliegerangriff 1943 wird er schwer verwundet. Er verliert dabei sein linkes Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Mitte 1944 wird Stauffenberg zum Oberst befördert.
Stauffenbergs Abkehr von Hitler hat ihre Ursache vor allem in der Erkenntnis, in welcher wahnwitzigen militärischen und politischen Situation sich Deutschland befindet. Er ist sich bewusst, dass aktiver Widerstand nur noch von einem Ort ausgehen kann, der von der Gestapo nicht kontrolliert wird. Wie viele andere Militärs fühlt er sich zunächst durch seinen Treueid an Hitler gebunden. Andererseits fühlt er sich auch der Wiederherstellung des Rechtsstaates verpflichtet. Durch Vermittlung seines Cousins Peter Graf Yorck von Wartenburg lernt er den Sozialdemokraten Julius Leber kennen. Es entsteht ein enges Vertrauensverhältnis. Nach der Verhaftung Lebers durch die Gestapo reift in ihm die Einsicht, dass nur die Beseitigung des NS-Regimes und ein Staatsstreich eine politische Änderung herbeiführen kann.
Obwohl dienstuntauglich, bemüht er sich um seine Weiterverwendung. Gleichzeitig sucht er ab Herbst 1943 in Berlin nach Gleichgesinnten. Gemeinsam arbeiten sie einen Plan aus, den sie „Operation Walküre“ nennen. Der Plan sieht neben dem Staatsstreich auch die Ermordung Hitlers vor. Der Plan ist so angelegt, dass er im Ernstfall eine sofortige Verhaftung Angehöriger der NSDAP, SS, des Sicherheitsdienstes und der Gestapo erlaubt. Die Befehlshaber der Wehrkreiskommandos in ganz Deutschland sollten sofort nach der Auslösung von Walküre entsprechende Befehle erhalten. Das Militär sollte die ausführende Gewalt übernehmen. Stauffenberg selber sollte Staatssekretärs im Reichskriegsministerium werden. Das zumindest ist der Plan.
Stauffenbergs Stellung in der Reichswehr erlaubt ihm den freien Zugang zum Führerhauptquartier. Schon zweimal hat er einen Attentatsversuch vorzeitig abbrechen müssen, weil wichtige Leute nicht anwesend sind. Ein drittes Mal sollte der Anschlag unter keinen Umständen verschoben werden. Die nächste Gelegenheit ergibt sich rein zufällig am 18. Juli 1944. Stauffenberg wird für den 20. Juli ins Führerhauptquartier bestellt, um über geplante Neuaufstellungen von Truppen zu berichten. Mit zwei Sprengsätzen und Zeitzündern in einer Aktentasche reist Stauffenberg von Berlin zur Wolfsschanze in Ostpreussen. Da die Besprechung wegen eines geplanten Besuchs von Benito Mussolini unerwartet um eine halbe Stunde vorverlegt wird, gelingt es Stauffenberg nur einen von zwei Sprengsätzen scharf zu machen. Zusätzlich wird die Besprechung wegen Fertigstellungsarbeiten am Führerbunker in eine leichter gebauten Baracke verlegt, wo die Sprengladung nicht die erhoffte Wirkung entfalten kann. Stauffenberg stellt sie etwa zwei Meter entfernt neben einem massiven Tischblock (der wohl die Wirkung weiter abgeschwächt hat) ab und verlässt unter dem Vorwand, noch einmal telefonieren zu müssen, den Raum. Die Sprengladung detoniert um 12:42 Uhr in der mit 24 Personen gefüllten Lagerbaracke. Hitler und weitere 19 Anwesende überleben die Explosion. Der Führer ist nur leicht verletzt.
Stauffenberg kann im Tumult nach dem Anschlag die Wolfsschanze rechtzeitig verlassen. Er fliegt im festen Glauben an Hitlers Tod nach Berlin zurück. Die Mitverschwörer in Berlin zögern, den Putschplan umzusetzen, da sie keine eindeutige Nachricht über Hitlers Tod erhalten haben. Um 15:00 Uhr informiert sie Stauffenberg vom Flugplatz aus, dass Hitler tot sei. Erst jetzt, mehr als zwei Stunden nach dem Attentat, wird die Operation Walküre ausgelöst.

18:00 Uhr: Der Staatsstreich scheint zu gelingen. Am späten Abend meldet sich Hitler selbst in einer Rundfunkansprache zu Wort. Die Fernschreiben mit den Walküre-Anweisungen der Verschwörer werden nicht mehr befolgt. Die meisten Offiziere verhalten sich wegen der widersprüchlichen Nachrichten abwartend.
Gegen 22:30 Uhr verhaftet die SS Stauffenberg und seine Mitverschwörer. Sie werden noch am gleichen Abend standesrechtlich erschossen. Die rasch begrabenen Leichen lässt Heinrich Himmlers wieder ausgegraben und verbrennen. Die Asche wird in alle Winde verstreut. Himmler will auch die Familien der Verschwörer ermorden und die Familiennamen auszulöschen, schliesslich begnügt er sich mit einer umfangreichen Sippenhaft.
Wie viel Leid hätte das Gelingen des Attentats der deutschen Bevölkerung ersparen können, die nun die sich anbahnende totale Niederlage bis zur bitteren Neige auskosten muss!
Claus Schenk Graf von Stauffenberg – Biografie http://www.dhm.de/
1907: 15. November: Claus Schenk Graf von Stauffenberg wird als Sohn des Oberhofmarschalls Alfred Stauffenberg und dessen Ehefrau Caroline (geb. Gräfin Üxküll-Gyllenband) in Jettingen (Bayern) geboren. Zu seinen Vorfahren mütterlicherseits gehört der Heeresreformer General August Graf Neithardt von Gneisenau (1760-1831). Er ist Zeit seines Lebens gläubiger Katholik.
1923: Stauffenberg und sein Bruder Berthold Schenk Graf von Stauffenberg (1905-1944) werden in den Kreis um Stefan George eingeführt. Stauffenberg verehrt den Dichter vorbehaltlos bis an sein Lebensende.
1926: 1. April: Nach vorzeitiger Ablegung des Abiturs tritt Stauffenberg in das traditionsreiche 17. Reiterregiment in Bamberg ein.
1927/28: Ausbildung an der Infanterieschule in Dresden.
1932: April: Anlässlich der Reichspräsidentenwahl spricht sich Stauffenberg gegen Paul von Hindenburg und zugunsten von Adolf Hitler aus.
1933: Mai: Ernennung zum Leutnant. Stauffenberg ist an der militärischen Ausbildung der Mitglieder der Sturmabteilung (SA) beteiligt und organisiert die Übergabe illegaler Waffendepots an die Reichswehr. 26. September: Heirat mit Nina Freiin von Lerchenfeld. Aus der Ehe gehen zwei Töchter und drei Söhne hervor.
1934: Versetzung an die Kavallerieschule Hannover. Die Kavallerie wird zunehmend zur motorisierten und gepanzerten Truppe ausgebaut.
1936: 6. Oktober: Beginn des Studiums an der Kriegsakademie in Berlin-Moabit.
1938: Absolvierung einer Generalstabsausbildung in Berlin. Beförderung zum Zweiten Generalstabsoffizier unter Generalleutnant Erich Hoepner. Stauffenberg und Hoepner nehmen an der Besetzung des tschechischen Sudetenlands teil.
1939: Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs Einsatz als Oberleutnant in einer Panzerdivision im Polenfeldzug. Peter Graf Yorck von Wartenburg und Ulrich Graf Schwerin von Schwanenfeld (1902-1944) bitten Stauffenberg, sich zum Adjutanten Walther von Brauchitschs, des Oberbefehlshabers des Heeres, ernennen zu lassen, um an einem Umsturzversuch teilzunehmen. Stauffenberg lehnt ab.
1940: Er nimmt als Generalstabsoffizier an der Westoffensive gegen Frankreich teil. Berufung in die Organisationsabteilung des Oberkommandos des Heeres.
1941: Dezember: Stauffenberg begrüsst die Vereinheitlichung der Befehlsgewalt des Oberbefehlshaber des Heeres und des Obersten Befehlshabers der Wehrmacht in Hitlers Händen.
1942: Angesichts der deutschen Massenmorde an den Juden, Polen, Russen und weiteren von den Nationalsozialisten stigmatisierten Bevölkerungsgruppen, aber auch wegen der unsachgemässen militärischen Führung schliesst Stauffenberg sich dem militärischen Widerstand an. Er ist sich bewusst, dass die Wehrmacht als eine von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und vom Sicherheitsdienst (SD) kaum infiltrierte Organisation über die nötigen Machtmittel zum Umsturz verfügt. Wie viele andere Militärs auch, fühlt er sich zunächst durch seinen Treueeid gegenüber Hitler gebunden. Gemeinsam mit seinem Bruder Berthold und mit den Mitgliedern des Kreisauer Kreises ist er an den Entwürfen zu Regierungserklärungen für die Zeit nach dem Umsturz beteiligt. Die Verschwörer legen sich auf die Wiederherstellung der vor 1933 in der Verfassung garantierten Freiheiten und Rechte fest, lehnen jedoch die Wiederherstellung der parlamentarischen Demokratie ab.
1943: Stauffenberg wird zur 10. Panzerdivision versetzt, die den Rückzug General Erwin Rommels in Afrika decken soll. Durch einen Tieffliegerangriff verliert er ein Auge, die rechte Hand und zwei Finger der linken Hand. Nach seiner Genesung in Deutschland erarbeitet Stauffenberg gemeinsam mit General Friedrich Olbricht, Alfred Ritter Mertz von Quirnheim und Henning von Tresckow den Operationsplan "Walküre". Nach offizieller Lesart dient der Plan der Niederwerfung innerer Unruhen. Oktober: Stauffenberg wird zum Stabschef des Allgemeinen Heeresamts in der Berliner Bendlerstrasse ernannt, wodurch er Zugang zu den Lagebesprechungen in den Führerhauptquartieren erhält. Er untersteht Olbricht, dem Leiter des Allgemeinen Heeresamts, und baut mit dessen Förderung ein militärisch-oppositionelles Netz auf. Er koordiniert die Attentatspläne mit Carl-Friedrich Goerdeler und Ludwig Beck und hält Verbindung zum zivilen Widerstand um Julius Leber, Wilhelm Leuschner sowie zu den Mitgliedern des Kreisauer Kreises. Die Umsturzpläne sehen für Stauffenberg den Rang eines Staatssekretärs im Reichskriegsministerium vor.
1944: Januar: Nach der Verhaftung Helmuth James Graf von Moltke finden keine Treffen des Kreisauer Kreises mehr statt. Die Mehrheit der Mitglieder stellt sich Stauffenberg trotz Moltkes bekannter Vorbehalte zur Durchführung des Attentats zur Verfügung. 1. Juni: Ernen-nung Stauffenbergs zum Stabschef des Befehlshabers des Ersatzheers. 5. Juli: Er erfährt von der Verhaftung Adolf Reichweins und Lebers. Er entschliesst sich nach mehreren misslungenen Attentatsversuchen auf Hitler, den Anschlag persönlich auszuführen. 11. Juli: Da die Verschwörer die gemeinsame Beseitigung Hitlers und seiner potentiellen Nachfolger Hermann Göring und Heinrich Himmler planen, unterlässt Stauffenberg auf Hitlers "Berghof" in Berchtesgaden die Zündung des Sprengstoffs, als er Hitler allein vorfindet. 15. Juli: Trotz der erneuten Abwesenheit Görings und Himmlers beabsichtigt Stauffenberg im Führerhauptquartier "Wolfsschanze" bei Rastenburg (Ostpreussen, heute: Polen) die Zündung des Sprengstoffs. Nachdem er sich telefonisch bei Olbricht in Berlin rückversichert hat, kehrt er zur Besprechung zurück. Hitler hat den Raum jedoch bereits verlassen. In Berlin kann der von Olbricht ausgelöste "Walküre"-Alarm als Übung kaschiert werden. 20. Juli, ca. 7.00 Uhr: Stauffenberg fliegt gemeinsam mit seinem Adjutanten Werner von Haeften von Berlin zum Führerhauptquartier "Wolfsschanze". Ca. 11.30 Uhr: Stauffenberg und Haeften gelingt es nur, einen der beiden vorgesehenen Sprengsätze scharf zu machen. Ca. 12.35 Uhr: Stauffenberg betritt den Besprechungsraum. Das Gedränge verhindert, die Tasche mit dem Sprengstoff unmittelbar neben Hitler zu deponieren. Stauffenberg stellt sie weiter entfernt ab und verlässt unter einem Vorwand den Raum. 12.42 Uhr: Die Sprengladung detoniert in dem mit 24 Personen besetzten Raum. Hitler befindet sich unter den 20 Überlebenden. Erich Fellgiebel (1886-1944) lässt an die Mitverschwörer in Berlin weiterleiten: "Es ist etwas Furchtbares geschehen: der Führer lebt!". 12.50-14.00 Uhr: Fellgiebels nicht eindeutige Nachricht erreicht Olbricht. Er zögert, den "Walküre"-Alarm auszulösen. Nach der Bombenexplosion wird das Führerhauptquartier abgesperrt. Stauffenberg und Haeften können die Wachmannschaften täuschen und gelangen zum Flugplatz. Die bei-den Attentäter starten zum Rückflug nach Berlin. Stauffenberg ist überzeugt, Hitler getötet zu haben. Ca. 15.00 Uhr: In Rangsdorf bei Berlin geben sie telefonisch die Meldung an die Bendlerstrasse durch: "Hitler ist tot." Mertz von Quirnheim überredet den immer noch zögernden Olbricht, die Staatsstreicheinheiten zu alarmieren. Ab ca. 16.45 Uhr: Stauffenberg und Haeften treffen in der Bendlerstrasse ein. Der in das Attentat eingeweihte Generaloberst Friedrich Fromm (1888-1945), Chef der Heeresrüstung und Befehshaber des Ersatzheeres, verweigert die Zusammenarbeit und wird festgenommen.
Ca. 17.00 Uhr: Auf Initiative von Hitler und Joseph Goebbels wird im Rundfunk das Überleben Hitlers gemeldet. Fast gleichzeitig erhalten die Stabsoffiziere die Fernschreiben mit den Anweisungen der Verschwörer. Die überwiegende Mehrheit der Offiziere verhält sich angesichts der widersprüchlichen Meldungen abwartend. Ca. 19.00 Uhr: Major Otto-Ernst Remer (1912-1997), Kommandeur des Wachbataillons in Berlin, wird von Goebbels über das Scheitern des Anschlags unterrichtet. Remer löst daraufhin die Absperrung des Regierungsviertels auf und beteiligt sich an der Niederschlagung des Staatsstreichs. Ab ca. 22.30 Uhr: Eine Gruppe regierungstreuer Offiziere verhaftet Stauffenberg und die Mitverschwörer. Fromm ordnet die sofortige Erschiessung wegen Hoch- und Landesverrats an. 20./21. Juli: In der Nacht wird Claus Schenk Graf von Stauffenberg gemeinsam mit Werner von Haeften, Albrecht Ritter Merz von Quirnheim und Friedrich Olbricht im Hof des Bendlerblocks erschossen. Ludwig Beck wird Gelegenheit zur Selbsttötung gegeben. Er wird nach einem misslungenen Selbstmordversuch ebenfalls erschossen. 21. Juli: Die Leichen der Erschossenen werden auf einem Friedhof mit ihren Uniformen und Ehrenzeichen bestattet. Himmler lässt sie ausgraben und ordnet deren Verbrennung an. Ihre Asche wird über die Felder verstreut.
