DER ZWEITE WELTKRIEG GS 4 - 1812a
Zusatzthemen - Die jüdische Tragödie I
Pogrom - Holocaust - Schoa
Der Begriff "Pogrom" meint gewaltsame Übergriffe auf Minderheiten bzw. Volksgruppen im eigenen Land. Der Begriff "Holocaust" ist dem Griechischen entlehnt und meint"vollständig verbrannt". Dieser Begriff, der ursprünglich für die Tieropfer im Tempel gebraucht worden ist, bekommt im Zusammenhang mit der systematischen Vernichtung von Menschen jüdischer Herkunft in der Zeit des Nationalsozialismus eine grausige, neue Bedeutung. Die Juden selber verwenden für die tragischen Geschehnisse, die noch heute die Frage aufwerfen, wie ein kulturell hochstehendes Volk wie die Deutschen zu so etwas fähig gewesen sein kann, den Begriff "Schoa". Das heisst aus dem Hebräischen übersetzt etwa "das grosse Unheil".
Übergriffe auf jüdische Mitbürger haben leider ihren Ursprung nicht erst im 3. Reich. Schon im 9. Jahrhundert begann die systematische Ausgrenzung und Verfolgung von Juden durch Christen. Wir erinnern uns an die Übergriffe auf Juden anlässlich der Kreuzzüge im 12. und 13. Jahrhundert und die Pogrome gegen die „Brunnenvergifter“ und „Ritualmörder“ anlässlich der Pestepidemie im 14. Jahrhundert.

Auch im 20. Jahrhundert beginnen die Übergriffe auf Juden nicht erst mit den Nationalsozialisten. Anlässlich der Hyperinflation in der Weimarer Zeit (1923) kommt es zu antisemitischen Ausschreitungen. 1931 bis 1937 folgen weitere Aktionen wie die Kündigung des Beamtenstatus für Juden und Aufrufe zum „Judenboykott“ vor jüdischen Geschäften. "Arier" müssen bis in die vierte Generation zurück nachweisen, dass sie "deutschen oder artverwandten Blutes" sind und zwar seitens beider Elternteile! Das „Internationale Judentum“ wird für alle wirtschaftlichen und politischen Probleme verantwortlich gemacht. 1935 schaffen die „Nürnberger Gesetze“ eine staatlich tolerierte Rechtsungleichheit zwischen Deutschen und Deutschen mit jüdischen Wurzeln. Diese faktischen Rassengesetze anerkennen nur noch „Arier“ als echte Staatsbürger. "Arier" müssen bis in die vierte Generation nachweisbar "deutschen oder Artverwandten Blutes" sein. Pikant ist, dass Hitler selber diesen Nachweis allem Anschein nach selber nicht hätte erbringen können.
Viele Juden verlassen Europa, darunter auch viele Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller. Ab 1937 bekommt die Ausgrenzung von Juden System. Im Januar 1937 verlangt der Reichsführer SS Heinrich Himmler erstmals öffentlich eine „Entjudung Deutschlands“. Dabei beruft er sich auf das „25-Punkte-Programm der NSDAP“. Nach dem „Anschluss Österreichs“ sind über eine halbe Million Juden von den Schikanen der der Reichsregierung betroffen.
Die Reaktion auf das in GS 4 – 1706 geschilderte Ereignis in Paris wird von der Führung der NSDAP zum „Volkszorn“ hochstilisiert. Zusammen mit der „Reichskristallnacht“ führt das 1938 zu einem unvorstellbaren Judenpogrom. Innerhalb weniger Tage werden 30‘000 Juden verhaftet und in die Konzentrationslager gebracht, rund 400 werden getötet. Viele Juden werden praktisch zwangsenteignet und ihnen werden hohe „Reparationszahlungen“ auferlegt. Für viele Juden wird die Situation unerträglich. Die umliegenden Staaten äussern Befürchtungen vor einer Flüchtlingswelle. 1939 ziehen die Deutschen alle jüdischen Pässe ein und versehen sie mit einem Stempel „J“ (für „Jude“). Damit wird eine legale Ausreise praktisch verunmöglicht.

Bis 1939 haben 315‘000 Juden Deutschland verlassen. Ab 1939 ist eine legale Ausreise nicht mehr möglich. Ab 1941 müssen sich alle Juden im deutschen Einflussgebiet mit dem gelben Judenstern kennzeichnen.
1941 beschliesst die NS-Führung auf der „Wannsee-Konferenz“ die „Endlösung der Judenfrage“. Dazu werden vor allem in den besetzten Ostgebieten Vernichtungslager gebaut und die systematische Vergasung und Verbrennung von Juden vorangetrieben. Zu den bekannten Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald, Bergen-Belsen u.a. gesellen sich nun die Vernichtungslager von Auschwitz-Birkenau (Bild unten), Treblinka u.a. auf polni¬schem Staatsgebiet. Was an Gräueltaten sonst noch in diesen Lagern geschieht, lässt sich in dieser Kürze nicht beschreiben. Dazu gibt es genug Material, wo man das Grauen recherchieren kann, nachempfinden kann es niemand, der es nicht selbst erlebt hat. Und es sind nicht viele, die es überleben und davon erzählen können, auf dass so etwas nie wieder geschehen kann. Wie hat sich eine Nation, die sich (wohl auch zu Recht) als Kulturnation empfindet, zu solcher Barbarei hinreissen lassen können?!

Auch wenn viele versucht haben sich durch „Nichtwissen“ der Verantwortung zu entziehen, Fakt ist, wer wissen wollte, hat ab ca. 1942 wissen können, wenn wahrscheinlich auch keine Details. So hat es immer wieder vereinzelt von privater Seite Hilfsakionen für Juden gegeben, selbst wenn die Helfer bei ihrer Entdeckung mit dem Tod haben rechnen müssen. Inseln der Menschlichkeit in einer ansonsten unmenschlichen Umgebung!