DAS VERB I
(Synonyme: Tunwort, Tätigkeitswort, Zeitwort)
Das Verb bezeichnet in einem Satz Handlungen, Vorgänge, Zustände.
Wir unterscheiden zwischen Vollverben, Hilfsverben und Modalverben. 3 Hilfsverben helfen, die Zeiten (und den Passiv) zu bilden. 6 Modalverben stehen zusammen mit einem Vollverb und drücken die „Art und Weise“ aus, wie etwas getan wird. Sie werden nachträglich noch genauer besprochen.
Vollverben
finite Verbformen: konjugiert (Personalform) infinite Verbformen: nicht konjugiert;
die 3 infiniten Verbformen sind:
⟶ Infinitiv (Grundform): z. B. tanzen, erblühen, sein
Partizip I (Partizip der Gegenwart): z. B. tanzend, erblühend, seiend
Partizip II (Partizip der Vergangenheit): z. B. getanzt, erblüht, gewesen
Partizipien können auch als Adjektive verwendet werden, z. B. der tanzende Bär. In diesem Fall verändert sich das Adjektiv nach dem Nomen (es wird mit dem Nomen dekliniert).
Unter Konjugation verstehen wir das Setzen eines Verbs in Person / Numerus / Tempus / Modus / Genus verbi.
Person:
Es gibt drei Personen: Meine Person "ich", mein Gegenüber "du" und die anderen, die sich im Singular aufspalten in "er / sie /es"
Diese drei Personen gibt es sowohl im Singular ("ich", "du", "er/sie/es") wie auch im Plural ( "wir", "ihr", sie").
Numerus (Zahl):
Es gibt zwei Numeri: Singular (Einzahl) – Plural (Mehrzahl)
Tempus (Zeit):
Es gibt sechs Tempi, je zwei Zeiten für Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft.
Gegenwart: Präsens / Perfekt
Vergangenheit: Präteritum (auch Imperfekt) / Plusquamperfekt
Zukunft: Futur I / Futur II
Im ersten Schuljahr an der Oberstufe geht es um die drei obenstehenden Formen. Später kommen noch dazu:
Modus:
Es gibt drei Modi: Indikativ / Konjunktiv / Imperativ
Genus verbi:
Es gibt zwei Genera verbi: Aktiv/Passiv
Die Tempus-Formen
3 Zeitstufen: Gegenwart , Vergangenheit, Zukunft; Zu jeder Zeitstufe gehören zwei Tempusformen!
Nur Präsens und Präteritum sind einfache Zeitformen, alle anderen sind zusammengesetzte Zeitformen (aus Hilfsverb (konjugiert) und infinitem Vollverb)
Zeitstufe Gegenwart:
Präsens:
Das Präsens drückt aus, dass ein Geschehen (ein Zustand) im Augenblick stattfindet (ist). Das Präsens ist eine einfache Zeit (ohne Hilfsverb)und hat somit eine eigene Form!
Wir unterscheiden eine "schwache" (regelmässige) und eine "starke Konjugation" (unregelmässige mit Änderung des Stammvokals).
Bei der starken Konjugation kann im Präsens der Stammvolal umlauten (z. B. (ich) schlafe; (du) schläfst…). Tut er das, so tut er das nur in der 2. und 3. Person Singular!
Also: ich schlafe, du schläfst, er schläft, wir schlafen, ihr schlaft, sie schlafen
Perfekt: drückt aus, dass ein Geschehen in der Gegenwart stattgefunden hat, bzw. abgeschlossen ist. Das Perfekt nennt man auf Deutsch auch "vollendete Gegenwart".
Das Ereignis ist beendet, ist aber für die Gegenwart noch gültig und wichtig.
Das Perfekt ist eine zusammengesetzte Zeit und wird mit dem Hilfsverb „haben“ oder „sein“ konjugiert im Präsens + Partizip II des Verbs gebildet.
In den zusammengesetzten Zeiten ist die Konjugation mit dem Hilfsverb "haben" häufiger. Mit "sein" werden vor allem Verben der Bewegung (z.B. gehen, laufen, springen, reisen, fahren...) konjugiert!
Im Bezug auf das Präsens drückt das Perfekt eine vorzeitige Handlung aus.
z. B. Ich esse. (Präsens – jetzt); Ich habe gegessen (Perfekt – gestern, vor einer Stunde…)
Ich gehe Ich bin gegangen
Zeitstufe Vergangenheit:
Präteritum (auch Imperfekt): drückt eine Handlung aus, die in der Vergangenheit abläuft.
Plusquamperfekt: drückt aus, dass ein Geschehen in der Vergangenheit abgeschlossen ist. Deshalb nennt man das Plusquamperfekt auf Deutsch auch "vollendete Vergangenheit" .
Das Plusquamperfekt ist eine zusammengesetzte Zeit und wird mit dem Hilfsverb „haben“ oder „sein“ konjugiert im Präteritum + Partizip II des Verbs gebildet.
Im Bezug auf das Präteritum drückt das Plusquamperfekt eine vorzeitige Handlung aus.
z. B. Ich ass (Präteritum); Ich hatte gegessen (Plusquamperfekt – vorher)
Zeitstufe Zukunft:
Futur I : drückt eine Handlung aus, die in der Zukunft abläuft.
Das Futur I ist eine zusammengesetzte Zeit und wird mit dem Hilfsverb „werden“ konjugiert im Präsens + Infinitiv des Verbs gebildet.
Futur II : drückt aus, dass ein Geschehen in der Zukunft abgeschlossen ist. Deshalb nennt man das Futur II auf Deutsch auch "vollendete Zukunft" .
Das Futur II ist eine zusammengesetzte Zeit und wird mit dem Hilfsverb „werden“ konjugiert im Präsens + Partizip II des Verbs + Hilfverb "haben" oder "sein" im Infinitiv *gebildet.
Im Bezug auf das Futur I drückt das Futur II eine vorzeitige Handlung aus.
z. B. Ich werde essen (Futur I); Ich werde gegessen haben (Futur II – vorher)
* Da in einem Satz nur eine konjugierte Verbform stehen kann, müssen andere Verben, die dazugehören, in einer infiniten (nicht konjugierten) Form stehen!
Die drei Stammformen des Verbs
Aus den drei Stammformen lassen sich die übrigen Verbformen ableiten, sie zeigen an, ob ein Verb stark konjugiert oder schwach konjugiert wird. Fremdsprachige kommen nicht umhin, diese Stammformen auswendig zu lernen! Aber auch Deutschsprachige werden hier einige interessante Knacknüsse finden. Hinzu kommen dann noch die unregelmässigen Verben. Bei eingedeutschten Fremdwörtern (Verben) wird die schwache Konjugation vorgzogen!
Die drei Stammformen (nicht zu verwechseln mit drei infiniten Verbformen!) sind:
Infinitiv 3. Pers. Sg. Prät. Partizip II
z. B.
schwach: legen legte gelegt (regelmässige Beugung)
beharren beharrte beharrt [mit Vorsilbe]
dazulernen lernte ... dazu dazugelernt [mit Verbzusatz]
Die schwache Konjugation ist gekennzeichnet durch die Beibehaltung des Stammvokals und die -t-Endung im Partizip II!
stark: singen sang gesungen (unregelmässige Beugung)
(mit Ablaut) verlieren verlor verloren [mit Vorsilbe]
auslaufen lief ... aus ausgelaufen [mit Verbzusatz]
Die starke Konjugation ist gekennzeichnet durch die Veränderung des Stammvokals und die -en-Endung im Partizip II!
unregelmässig: bringen brachte gebracht (unregelmässige Beugung)
sein war gewesen
Die unregelmässige Konjugation folgt eigenen Regeln!
Die Hilfsverben
Hilfsverben sind Verben, die zusammen mit infiniten Verbformen die Zeiten (oder Modi) bilden. Stehen sie alleine (ohne infinite Begleiter) sind sie normale Vollverben.
Hilfsverben können sein: sein / haben / werden
Anders als in romanischen Sprachen bleiben in einem deutschen Satz Hilfverb und Verb nicht unbedingt beieinander. Bei längeren Sätzen schieben sich weitere Satzglieder zwischen Hilfsverb und Vollverb. Wo Hilfsverb und Vollverb im Satz „auseinanderfallen“, sprechen wir von einer (verbalen) Satzklammer.
z. B. Ich habe gestern nach dem Fussballspiel mit meinen Kollegen einen Hotdog gegessen.
I----------------------------------------------------------------------------------------------------I
verbale Satzklammer
Nur Verben, die eine Bewegung ausdrücken und keinen Akkusativ nach sich ziehen, können „sein“ als Hilfsverb haben.
Verben, die nicht von einem Akkusativ gefolgt sind, nennt man intransitiv (franz. COI), solche, die von einem Akkusativ gefolgt werden, transitiv (franz. COD).
transitiv: Er ass … (wen?); sie verbrachten… (wen?); er lernt… (wen?)…
intransitiv: Sie begegnet…(wem?); sie leuchten (wem)…; wir freuen uns (wessen?)…
Die Modalverben
Modalverben drücken eine Art und Weise aus, etwas zu tun. Wir kennen insgesamt sechs Modalverben, die sich im Grad der Ausführung unterscheiden.
Die sechs Modalverben sind: wollen / dürfen / müssen / sollen / können / mögen
Modalverben bilden zusammen mit dem Infinitiv den verbalen Teil oder die Verbgruppe eines Satzes (Verbgruppen bilden auch Hilfsverben zusammen mit den Vollverben).
z. B. Ich kann essen; ich darf essen; ich muss essen…
Die Vorsilbe und der Verbzusatz
Vorsilben:
Sie sind dem eigentlichen Verb vorgestellte Verbteile, die bei der Konjugation beim Verb bleiben.
z. B. begleiten; ich begleite, du begleitest, er begleitet…
Verbzusätze:
Sie sind dem eigentlichen Verb vorgestellte Verbteile, die sich bei der Konjugation vom Verb ablösen und „nach hinten“ (u. U. ans Ende des Satzes) rutschen.
z. B. nachzeichnen; ich zeichne nach, du zeichnest nach, er zeichnet nach…
Rutscht der Verbzusatz zu weit nach hinten, kann die Übersichtlichkeit des Satzes verloren gehen. Solche Sätze sind möglichst zu meiden.
z. B. Er zeichnete den Grundriss des Hauses nach langem und reiflichen Überlegen und unter Berücksichtigung aller Fakten und nach ausführlicher Besprechung mit seinen Kollegen an einem schönen Abend im Wonnemonat Mai in seinem Haus am See mit viel Hingabe und ohne zeitlichen Druck zu verspüren in ein schönes, in Leder gebundenes Notizheft nach.
DAS VERB II
Die Modi (sg. Modus)
Das Deutsche kennt drei Modi: Indikativ (Aussageform) / Konjunktiv (Möglichkeitsform) / Imperativ (Aufforderungs- bzw. Befehlsform)
Beim Konjunktiv ist der Konjunktiv I vom Konjunktiv II zu unterscheiden!
Konjunktiv I
Der Konjunktiv I ist der Konjunktiv der indirekten Rede! Er leitet sich vom Infinitiv ab und trägt die Endungen des Konjunktivs:
-e / -est / -e / -en / -et / -en
z. B. (Verb "kommen"): ich komme, du kommest, er komme, wir kommen, ihr kommet, sie kommen
In der indirekten Rede ist der Konjunktiv I zwingend! Wo sich der Konjunktiv I nicht vom Indikativ unterscheidet (im Beispiel oben z. B. in der 1. Pers. sg, 1. Pers. pl. und 3. Pers. pl), ist der Konjunktiv II zu setzen!!! In diesem Fall sprechen wir von einem gemischten Konjunktiv.
Konjunktiv II
Der Konjunktiv II leitet sich vom Präteritum (1./3. sg. Person) ab und trägt die Endungen des Konjunktivs:
-e / -est / -e / -en / -et / -en
Die Stammvokale a/o/u des Präteritums lauten i. d. R. um (d.h. a wird zu ä, o zu ö und u zu ü)! Für den Stammvokal "e" gibt es naturgemäss keine Umlautung.
z. B. (Verb "laufen", 3. Pers. sg. Prät.: lief) ich liefe, du liefest, er liefe, wir liefen, ihr liefet, sie liefen
(Verb "singen" , 3. Pers. sg. Prät.: sang) ich sänge, du sängest, er sänge, wir sängen, ihr sänget, sie sängen
Neben seiner Funktion als „Ersatzform für den Konjunktiv I“ (siehe oben) drückt der Konjunktiv II eine Unmöglichkeit/Unwirklichkeit aus, allenfalls einen Wunsch. Im Sinne eines Wunsches wird er auch in der Höflichkeitsform gebraucht.
z. B. Unwirklichkeit: Ich sänge gerne ein Lied (aber ich kann nicht).
Wunsch: Ich hätte gerne einen Kaffee. Käme er doch!
In der Praxis entstehen oft ungewohnte Konjunktiv II-Formen (z.B. [helfen, half] hälfe), oder die Konjunktiv II-Formen sind nicht vom Indikativ zu unterscheiden (z.B. wir liefen, sie liefen). In diesen Fällen ist eine Umschreibung mit „würde“ (Konj. II) + Infinitiv angezeigt. Auch gibt es Konjunktiv II-Formen, die von der Regel abweichen (z. B. statt er hälfe, er hülfe). Um Verwirrungen zu vermeiden halten wir uns aber strikte an die Ableitungsregel [helfen - half - hälfe] oder in Aufsätzen oder Briefen an die Umschreibung mit "würde".!
z.B. wir würden helfen, wir würden laufen
IN DEN GRAMMATIKÜBUNGEN UND PROBEN ZUM KONJUNKTIV IST ABER
DIE UMSCHREIBUNG MIT „WERDE/WÜRDE“ VERBOTEN¨!
Auch Bedingungssätze (Konditionalsätze) werden mit einem Konjunktiv II gebildet. Sie können, müssen aber nicht, mit „wenn“ eingeleitet werden.
z. B. Wenn er käme, (erlebte er) würde er eine Überraschung erleben.
Käme er, erlebte er eine Überraschung.
[Ersatzform: Würde er kommen, würde er eine Überraschung erleben! Zweimal „würde“ ist aus stilistischen Gründen zu vermeiden!]
Der Genus verbi (Aktiv und Passiv)
„Aktiv“ nennen wir einen Satz, in dem das Subjekt (Täter) die Tat ausführt, die mit dem Verb genannt wird.
z. B. Der Vater isst ein Hühnchen. Handlung: essen
Das grammatikalische Subjekt "der Vater" (wer?) ist der, der die Handlung "essen" ausführt.
„Passiv“ nennen wir einen Satz, in dem nicht das (grammatische) Subjekt der Täter ist, der die Tat ausführt, die mit dem Verb genannt wird.
z. B. Das Hähnchen wird gegessen. Handlung: essen
Das grammatikalische Subjekt "das Hähnchen" (wer?) ist nicht das, welches die Handlung "essen" ausführt. Das tut jemand anders, ein logisches Subjekt, das hier nicht näher genannt ist!
In diesem Satz ist das Hähnchen (grammatisches Subjekt) nicht Täter, sondern Opfer. Soll der Täter (das logische Subjekt) genannt werden, kann es mit der Präposition "von" zwischen Hilfsverb "werden" und Partizip II eingefügt werden. Das wird aber meist unterlassen, weil Passivsätze vor allem dann verwendet werden, wenn der "Täter" nicht bekannt ist. Passivsätze sind dort angebracht, wo der Täter nicht bekannt ist oder verschwiegen werden soll. Der Passivsatz kommt ohne logisches Subjekt aus. Passivsätze wirken eher schwerfällig. Deshalb: Ist der Täter (das logische Subjekt) bekannt, sind Aktivsätze vorzuziehen!
z. B. Das Hähnchen wird von Vater gegessen.
Der Bildung des Passiv erfolgt mit dem Hilfsverb "werden" + Partizip II des Verbs.
[Nicht zu verwechseln mit Futur I, das mit dem Hilfsverb „werden“ im Präsens + Infinitiv des Verbs gebildet wird!]
DAS THEMA "KONJUNKTIV" UND "AKTIV / PASSIV" IST NOCH NICHT ZU ENDE
UND WIRD AN ANDERER STELLE NOCHMALS AUFGENOMMEN!